Die Landessynode hat ein Gesetz zu Klimaschutz und Artenvielfalt beschlossen. Es geht ums Ganze, es geht um die Zukunft der gesamten Schöpfung. Klare Sätze und Ansagen bestimmten den Schwerpunkttag auf der Landessynode. Kirchliches Handeln soll in allen Bereichen klimagerechtes Handeln sein.

 

 

Die Landessynode hat ein Gesetz zu Klimaschutz und Artenvielfalt beschlossen. Es geht ums Ganze, es geht um die Zukunft der gesamten Schöpfung. Klare Sätze und Ansagen bestimmten den Schwerpunkttag auf der Landessynode. Kirchliches Handeln soll in allen Bereichen klimagerechtes Handeln sein.

Kaiserslautern, Speyer (lk). Hitze. Dürre. Fluten. Artensterben und Menschensterben. Die Folgen des Klimawandels sind nicht wegzureden. Die Evangelische Kirche der Pfalz soll aber nicht nur reden, sondern handeln. Dazu hat die Landessynode heute in Kaiserslautern ein Gesetz zu Klimaschutz und Artenvielfalt beschlossen. Vor der Abstimmung gab es eine engagierte Diskussion, die Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst so zusammenfasste: "Es wird keine Lösung ohne Bauchschmerzen geben." Was ihre Bauchschmerzen lindere, sei die Gewissheit, „dass wir das zusammen schaffen werden.“

"Die Zerstörung von Lebensräumen und der damit verbundene Artenschwund stellt den Frieden mit der ganzen Schöpfung in Frage", heißt es im Vorwort des neuen Gesetzes. Es fordert, das Leben zu achten und seine Grundlagen zu erhalten. Die Landeskirche setzt sich damit noch verbindlicher als bislang für Klimaschutz und globale Klimagerechtigkeit ein.

Die Schöpfung und den Frieden bewahren

Der Grund: Klimaschutz ist nicht nur ein politischer, sondern seit jeher auch ein kirchlicher Auftrag. Es gehe nicht um den Zeitgeist. "Es geht darum, wie wir das höchste Gebot unseres Glaubens ausgestalten können. Wie können wir, wie kann ich in Zeiten des Klimawandels Gott lieben von ganzem Herzen, mit aller Kraft - und meinen Nächsten wie mich selbst", begründete der zuständige Dezernent, Oberkirchenrat Markus Jäckle den Auftrag. In seiner Einbringungsrede betonte er, es gehe um Glaubwürdigkeit für die Kirche, auch wenn unser Beitrag global gesehen nur gering sein kann.

Er führte am heutigen Donnerstag mit Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst in den Schwerpunkttag "Schöpfung, Natur und Klima. Kirchliche Schritte nach innen und außen" ein. "Lassen Sie uns nicht ins Moralisieren kommen", warnte Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst. Es brauche die innere Bereitschaft zum Wandel und den gesunden Menschenverstand. Beeindrucken sollten allein die Fakten. "Wir können nicht auf China warten, wie viele fordern", sagte sie, "die Verantwortung haben wir nur für uns selbst. Als Kirche in Deutschland, als Teil der Welt."

Bedrückende Wirklichkeit

Fotos der Jahre 2017 bis 2022 des Biologen und Fotografen Reiner Voß zeigten deutlich die Folgen des Klimawandels in der Pfalz: vertrocknete Flüsse und Seen, Fischteiche, die beregnet werden müssen, aufgesprungene Erde, Baumskelette, Starkregen und -schnee, tote Felder. "Ich habe gezögert, diese Bilder zu veröffentlichen. Die Geschwindigkeit der Veränderungen hat mich erschreckt", sagte der Naturfotograf aus Kaiserslautern vor der Synode. Das Überleben stehe auf dem Spiel. Er erinnerte an den Bericht des Club of Rome vor rund 50 Jahren. Seither habe sich kaum etwas getan. "Wir fahren anders als die Titanic sehenden Auges auf die Katastrophe zu."

Drei Impuls-Vorträge vertieften die Problematik aus naturwissenschaftlicher und theologischer Sicht. Professor Claus-Dieter Osthövener, systematischer Theologe an der Universität Marburg befasste sich mit der Schöpfungstheologie. Er beschrieb die Aufgabe der Kirche im aktuellen Zeitalter des Anthropozän: der Zeit, in der die Menschen die Erdgeschichte beeinflussen. 

Endzeit-Szenarien wie im letzten Buch der Bibel, der Apokalypse, würden derzeit gern beschworen. Apokalyptische Reiter zu zitieren, sei aber wenig hilfreich. Stattdessen forderte er die Kirche auf, gegen die Klimaangst Mut zu machen und Mut zu haben: zur Veränderung, zum "Weniger ist Mehr" und zur Spiritualität. Der Glaube trage dazu bei, sich eingebunden zu fühlen in die planetare Schöpfung und dazu, Hoffnung zu haben und weiterzugeben.

Roland Horne, Leiter der Landeszentrale für Umweltaufklärung des Landes Rheinland-Pfalz, befasste sich mit der Rolle der Kirchen für die ökologische Transformation. Er beleuchtete die rasante Entwicklung in Sachen Mobilität und Energie von der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert bis ins heutige digitale Zeitalter. Das "Erdsystemproblem" sei bereits in den 1970er Jahren bekannt gewesen. Die Reaktionen dazu seien - auch von der Kirche - seit Jahrzehnten zu harmlos. Nun sei es für Politik und Kirche an der Zeit, alles zu tun, was möglich ist. Katastrophenschutz und Klimaschutz gehörten zusammen. "Wir haben keine Wahl, wir können nichts von Beidem mehr lassen", appellierte er an die Synode, "und staunen Sie weiter über den wunderbaren blauen Planeten."

Entschlossen vorangehen

In seiner Video-Botschaft rief Professor Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung dazu auf, keine Zeit zu verlieren: "Es geht um alles, es geht um das Ganze der Erde, um das Ganze des Lebens." Die Zukunft der Erde liege in den Händen der Menschen. "Gott wird uns nicht retten, wenn wir die Welt zerstören. Es ist unsere Aufgabe, den Bund mit ihm zu erfüllen", mahnte er. Lucht riet der Kirche als gesellschaftliche Akteurin, sich politisch zu positionieren. Sie solle klare Botschaften senden, mit ihrem Handeln vorangehen und die Zuversicht verbreiten, dass ein Wandel möglich ist.

Der Synode wurden am Mittag Projekte vorgestellt, die den Wandel vorantreiben. Darunter die Kirchengemeinde Ellerstadt und ihr Weg zur Klimaneutralität oder die Kita Arche Noah in Lambrecht mit ihrer ökologischen Verpflegung.

Workshops befassten sich ebenfalls mit Beispielen aus der Praxis, etwa zu klimaneutralen Gebäuden, artenvielfältigen Grundstücken und weiteren konkreten Schritten zur Bewahrung der Schöpfung.

Umweltgerecht handeln

Das neue Klimaschutzgesetz verbindet und erweitert bisherige Regelungen. Den Rahmen bilden die staatlichen Richtlinien.

Im Bereich Mobilität sollen für Dienstreisen vorrangig öffentliche und klimafreundliche Verkehrsmittel genutzt werden. Die Landeskirche wird ein Bonus-System für Mitarbeitende einrichten, die ihren Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurücklegen. Um Fahrten zu vermeiden, soll verstärkt auf digitale Arbeitsmodelle, Homeoffice und Videokonferenzen gesetzt werden.

Kircheneigene Grundstücke, Äcker und Gärten sollen die Artenvielfalt weiter fördern. Auf verpachteten Grundstücken der Landeskirche sind seit Jahren bereits Gentechnik und Klärschlamm untersagt. Bei Neuverpachtungen werden Bio-Betriebe bevorzugt. Mit mehreren Grundstücken beteiligt sich die Landeskirche an Naturschutz-Maßnahmen.

Bei der Beschaffung, etwa von Büromaterialien oder Nahrungsmitteln, sollen ökologische Produkte eingekauft werden und solche, die aus fairem Handel stammen. Die Verpflegung in Kindertagesstätten, Tagungshäusern oder bei Veranstaltungen soll verstärkt aus pflanzlicher Kost bestehen, weniger tierische Produkte und Zucker beinhalten. Nahrungsmittel sollen aus ökologischer Produktion bezogen werden.

In der kirchlichen Bildung und in der Öffentlichkeitsarbeit sollen die Bewahrung der Schöpfung und Klimagerechtigkeit noch stärker thematisiert werden. Um die Ziele zu erreichen, wollen Landeskirche und Kirchenbezirke das Personal im Klimaschutz-Management aufstocken. Möglich wird dies durch Fördermittel von Bund und Land.

Hintergrund Regeln und Richtlinien

Die Evangelische Kirche der Pfalz sieht sich wie die Ökumenische Versammlung der Kirchen den Themen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung verpflichtet. In den vergangenen Jahren wurden entsprechende Regelungen zum Klimaschutz beraten und beschlossen. 2021 hatte die Landessynode bereits den Beschluss "Klimaerhitzung abmildern und biologische Vielfalt erhalten" gefasst.

Die Landeskirche hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu wirtschaften, das heißt, keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Teilziel ist dabei der Prozess Räume für morgen: Bis 2030 sollen landeskirchenweit 30 Prozent der Gebäudekosten eingespart werden. Das geschieht durch den Verkauf von Gebäuden, gemeinschaftliche Nutzung oder Umnutzung und energetische Sanierung. Das entsprechende Gesetz zur effizienten Gebäudenutzung hat die Landessynode im vergangenen Jahr verabschiedet.

Seit über zehn Jahren sind die Gebäude schon im Blick. Der Grund: Laut Klimaschutzkonzept von 2012 verursacht der Gebäudeunterhalt mit 75 Prozent die meisten CO2-Emissionen. Mobilität ist für 20 Prozent und die Beschaffung für 5 Prozent verantwortlich. Weiterhin gibt es Richtlinien für Bau, ökologische und soziale Beschaffung und Heizung. Seit diesem Jahr gilt die Pflicht, bei neuen Heizungen erneuerbare Energieträger einzusetzen. Ölheizungen dürfen nicht mehr installiert werden.

Hintergrund Landessynode                                                        

Die 13. Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) tagt seit gestern, 10. Mai, bis einschließlich Samstag, 13. Mai, in der Alten Eintracht Kaiserslautern. Die Landessynode ist die kirchliche Volksvertretung und hat damit die Kirchengewalt inne. Sie trifft wesentliche Entscheidungen in geistlichen, rechtlichen und finanziellen Belangen der Landeskirche.

Synodale konnten sich bei einem Workshop selbst ein Bild davon machen, wie Biodiversität auf kirchlichen Grundstücken gefördert werden kann. Foto: view

"Wenn die Schöpfung vertrocknet": Dürreschäden in der Pfalz. Foto: Reiner Voß

"Wenn die Schöpfung vertrocknet": Dürreschäden in der Pfalz. Foto: Reiner Voß

Starkregen: Überschwemmung in der Pfalz. Foto: Reiner Voß

Starkregen: Überschwemmung in der Pfalz. Foto: Reiner Voß