Sie sitzen schon länger in einem Haus: Das Religionspädagogische Zentrum (RPZ) Speyer und die landeskirchliche Bibliothek- und Medienzentrale (BMZ). Nun ist aus den zwei Bibliotheken ein neues Bildungszentrum geworden. Darin sitzt ein neuer Leiter: Peter Busch. Im Gespräch verrät er, was er zwischen Büchern, Medien und Schule so vorhat.

Sie sitzen schon länger in einem Haus: Das Religionspädagogische Zentrum (RPZ) Speyer und die landeskirchliche Bibliothek- und Medienzentrale (BMZ). Nun ist aus den zwei Bibliotheken ein neues Bildungszentrum geworden. Darin sitzt ein neuer Leiter: Peter Busch. Im Gespräch verrät er, was er zwischen Büchern, Medien und Schule so vorhat.

Ein Spätsommertag, viel zu heiß für ein Interview. Und dann ist auch noch die Tür zu. Ich klingle mich durch an der Roßmarktstraße 4, über "Empfang", "Bibliothek und Medienzentrale" und wieder zurück. Schließlich ächzt sich das Portal langsam auf. Schön kühl hier. Niemand zu sehen, nur zu hören: "Aufzug oder Treppe?" Karin Feldner-Westphal ist auf dem Sprung in den Feierabend, „aber ich zeige zu gern noch unsern neusten Schatz im Archiv“. Die Bibliothekarin ist nicht nur freundlich, wie immer, sondern geradezu euphorisch. 

„Ein ganz besonderes Buch haben wir überreicht bekommen.“ „Ja, es war unsere erste gemeinsame Amtshandlung“, lacht ihr neuer Kollege und Chef. Peter Busch kommt lederjackenlässig um die Ecke. Mit ihm bin ich verabredet. Seit Anfang August hat er hier seinen Dienstsitz. „Ja, ich führe jetzt BMZ und RPZ Speyer zusammen“, meint er schmunzelnd, während wir die Treppe in den Untergrund nehmen. Die Abkürzungen für das Religionspädagogische Zentrum Speyer und die Bibliothek- und Medienzentrale gehen ihm und seiner Kollegin locker über die Lippen. 

RPZ trifft also BMZ, sie lagen die ganze Zeit ja schon nebeneinander, was ist das Neue, frage ich gleich am ersten Treppenabsatz. Nutzerfreundlicher wolle man werden. Die Beratung ausbauen und Synergien nutzen. „Wir sichten die Bestände, nehmen Doppeltes aus den Regalen“, erläutert Busch, „teilweise stehen noch dicke Nachschlagewerke in Druckform da oben in beiden Bibliotheken. Wer braucht das noch in digitalen Zeiten? Aber manche Bücher würden wir natürlich nie hergeben“.

„Wer braucht welche Bücher und Medien?“

Unten angekommen schleusen wir uns durch die feuergesicherte Eingangstür und weitere graue Türen mit schweren Kurbeln zum Öffnen. Es knackt und dreht, wie in einem Tatort. Doch statt der Asservatenkammer öffnet sich ein Archiv mit Büchern. Goldverbrämte Kladden, ehrwürdige Ledereinbände, eng aneinandergeschmiegt. Ein Tatort für Akademiker.

Die beiden Buchbegeisterten stehen in den engen Reihen und beugen sich über den Neuzugang - ein wirklich alter Band: Matthias Flacius Illyricus,Magdeburger Centurien I-III, Basel 1559. „Das ist die Erstausgabe! Es wurde uns als Schenkung vermacht“, wird mir erläutert. Auch, dass es sich um einen der ersten Versuche einer Kirchengeschichte der Reformation handelt. Und das in diesen Räumen mit dem Parkhaus-Charme! 

Beeindruckend. Auch die nüchternen Tritthocker, die sagen: Hol Dir ein Buch runter und die Gedanken steigen in höchste Höhen. "Oh je, soll ich mich fürs Foto vor den ganzen Hegel stellen?", scherzt Peter Busch, als wir weiter durch die Reihen gehen. Er wirkt, als könnte er über den Philosophen Hegel locker ein Kurzreferat halten. Meine Handykamera macht ihn schon eher leicht nervös. Wir schließen uns durch die Türen wieder zurück nach oben, ins Büro, Karin Feldner-Westphal verabschiedet sich fröhlich.

„Ich war sehr gern Schulpfarrer.“

„Ist Prof. Dr. Peter Busch nun ein besserer Bibliothekar"? Meine augenzwinkernde Frage amüsiert ihn. Von seiner Kaffeemaschine aus reicht er Espresso zu bedächtigen Antworten. „Tja, warum bin ich hier? Mit 58 hätte ich auch dort weitermachen und schließlich aufhören können, wo ich war. Aber ich werde alle 10 Jahre unruhig“, sagt er mit ruhigem Lächeln. Zuletzt war er Leiter des Predigerseminars in Landau, hat Erfahrung als Pfarrer in der Studierendengemeinde. „Und ich war rund 10 Jahre lang Schulpfarrer, eine tolle Zeit war das damals." 

Und heute, frage ich, was brauchen Reli-Lehrende heute - und was trägt das RPZ dazu bei? "Medienkompetenz", sagt Peter Busch, ohne lange nachzudenken. Was er dann doch tut. Er spricht über die Herausforderungen künstlicher Intelligenz, über Lehrpläne und das kulturelle Gedächtnis. „Was ist von Menschen geschaffen, was von Maschinen, und wie gehen wir damit um?“ Vor solchen Fragen stünden Bibliotheken, Bildungszentren und auch die Schulen. 

„Und ja, der Religionsunterricht hat auch einiges zu leisten“, kommt er auf meine Frage zurück. „Wir brauchen religiöse und theologische Alphabetisierung. Aber das ist mehr als Bibellese oder Texte diskutieren. Das geht viel mehr über Bilder, Filme, Geschichten und Gefühle." Wir reden über den problemorientierten Reli-Unterricht, der seinen Sinn hat, aber oft wenig religiöses Wissen oder gar Spiritualität hinterlässt.

„In Transzendenz könnten wir richtig gut sein.“ 

"Sich über Wesentliches austauschen, feiern, sich freuen können, das wäre zu unterrichten, quasi Alltagstranszendenz". Transzendenz, das ist - lateinisch wörtlich genommen - das Durchscheinen einer anderen Wirklichkeit, erkläre ich mir in Gedanken. Und ehe ich fragen kann, was das im Alltag bedeutet, erzählt Busch weiter: "Wenn ich im Supermarkt mit einer älteren Dame darüber rede, wie wunderbar weiß die Milch ist. Und wenn wir dabei ahnen, dass die Milch oder das Wasser, das wir trinken, nicht selbstverständlich sind - Wasser ist für uns Christen ja mehr als Wasser und Licht mehr als Licht - dieses Staunen über die Schöpfung, das kann ich auch im Neonlicht des Klassenzimmers. Das ist für mich Alltagstranszendenz und da könnten wir richtig gut drin sein." 

Auch in der Moderation unterschiedlicher Meinungen sieht er in Zeiten von Hate Speech und Spaltungstendenzen eine Aufgabe des Religionsunterrichts. „Gegenbewegungen aufsetzen, Gegensätzliches versöhnen und vermitteln." Das Moderieren ist eindeutig ein Thema von Professor Busch. Geübt im Diskutieren, hinterfragt er gern alles und jeden. Fachdiskussionen wird er von der Heidelberger Uni auch an die Speyrer Bibliotheken und in die pfälzischen Schulen bringen. Etwa, wen wundert´s, zur Entstehung des Neuen Testaments: „Wir könnten zum Beispiel das Abendmahl wieder neu entdecken, mehr als Gemeinschaft, im Essen und Trinken – und nicht nur eindimensional von Opfermahl und Sühnetod sprechen" 

„Manches ist kompliziert, genau mein Metier." 

Bildungsdiskurse möchte Busch anstoßen, gesellschaftlich und auch politisch. Da gibt es für ihn auch in Sachen Schule einiges zu tun. „Jetzt nach den Ferien wird's spannend, die schulamtlichen Aufgaben sind groß.“ Es geht etwa um Gestellungsverträge, durch die Pfarrerinnen und Pfarrer zum Religionsunterricht an staatlichen Schulen freigestellt werden. Dank Personalmangels werden auf Dauer nicht alle Verträge gehalten werden können. Zudem beginnt in Bistum und Landeskirche die Probephase des ökumenischen, genauer des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts (KoKoRU). „Wir werden sehen, was sich bewährt, als Kirche bekommen wir bei manchen staatlichen Stellen eher Gegenwind als Rückenwind“, stellt Peter Busch sachlich fest. 

Auch was weitergehende Kooperationen mit kirchlichen oder staatlichen Bibliotheken und Online-Beständen angeht, scheint er nüchtern. Einiges war angedacht worden und ist nicht vorangekommen. „Das wird noch etwas dauern“. Die weiteren RPZ‘s, das landeskirchliche Zentralarchiv, das Bildungszentrum Butenschoen-Haus, die Notenbibliothek des Amts für Kirchenmusik: Sie alle erscheinen im Katalog Kirchenbibliothek, es sind aber diverse Zugänge und Anmeldungen nötig, um darauf zuzugreifen. „Da müssen wir noch nutzerfreundlicher werden. Ich habe ja noch nicht wirklich Einblick, aber mein Eindruck ist: Manches ist kompliziert. Doch das ist ja genau mein Metier“. Als ich gehe, steht er mit einem Lächeln zwischen Büchern und Menschen. Also genau am richtigen Platz.

Hintergrund 

Noch drei Wünsche an die Fee, Peter Busch?

1. „Auf eins, zwei, drei vernetzt sein mit allen Bildungszentren."
2. „Offene Türen, damit niemand an der Pforte scheitert."
3. „Ein immer volles Haus bei uns am Roßmarkt."

Das Religionspädagogische Zentrum (RPZ) Speyer und die Bibliothek und Medienzentrale (BMZ) sind zu einem Bildungszentrum zusammengeführt worden. Die Bibliotheken sitzen bereits seit 2016 unter einem Dach in der Speyrer Roßmarktstraße. Seit 1. August leitet beide Einrichtungen Peter Busch. Lehren und Lernen sind ihm "Berufung und Beruf" zugleich.

Prof. Dr. Peter Busch, Jahrgang 1965, studierte evangelische Theologie und Linguistik in Tübingen und Heidelberg. Als außerplanmäßiger Professor für Neues Testament doziert er weiterhin an der Universität Heidelberg. Er arbeitete als Studierenden-Seelsorger und Schulpfarrer in Germersheim. Zuletzt war er Leiter des Predigerseminars in Landau. Busch ist zugleich stellvertretender Leiter des Amtes für Religionsunterrichts. Dessen Leiter Thomas Niederberger hofft darauf, dass mit dem neuen Mann im Bildungszentrum "die wichtigen Themen rund um den Reli-Unterricht stärker öffentlich gemacht werden. Auch in unserer Kirche."

Hinter jedem Eck lauert Wissen: Archivschränke (Foto: mw)

Hinter jedem Eck lauert Wissen: Archivschränke (Foto: mw)

Der Zugang zum Allerheiligsten: die Archivtür (Foto: mw)

Der Zugang zum Allerheiligsten: die Archivtür (Foto: mw)

Der neue Schatz: ein altes Geschichtsbuch der Reformation (Foto: mw)

Der neue Schatz: ein altes Geschichtsbuch der Reformation (Foto: mw)

Peter Busch an seinem Bücher-Tatort in der BMZ (Foto: mw)

Peter Busch an seinem Bücher-Tatort in der BMZ (Foto: mw)