Zu Friedensstiftern bildet Gregor Rehm Jugendliche aus, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz sieht darin einen Beitrag für ein Bewusstsein, dass weltweit nur gewaltloses Handeln deeskaliert.
Speyer (lk). Gewalt erkennen und benennen, gewaltfreie Alternativen in Konflikten entwickeln und ausprobieren, das erleben rund ein Dutzend Jugendliche bei der Ausbildung "Jugendliche werden FriedensstifterInnen". Diese bietet Gregor Rehm, Beauftragter für Friedensarbeit der pfälzischen Landeskirche, an.
An vier Tagen haben die Jugendlichen, die allesamt ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvieren, sich Situationen mit Gewalt vorgenommen, etwa eine Schlägerei auf dem Schulhof. Davon ausgehend entwickeln sie unter anderem in Rollenspielen Ansätze, diese Gewalt zu durchbrechen. "Da war schon ein Überraschungseffekt bei den Teilnehmenden spürbar, was funktioniert und was eben nicht, wie ich die Dynamik verändern kann auch bei den Umstehenden", sagt Rehm. "Was bewirken jene, die das bejubeln; was passiert dabei mit uns als Teil eines Konfliktsystems?" Klar sei das eigene Handeln begrenzt, sagt Rehm. "Aber mit Zivilcourage und Handwerkszeug ist einiges möglich."
Gefühle ausdrücken ohne zu verurteilen
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist die Ausbildung noch längst nicht beendet. Jetzt geht es darum, das Erlernte in einem Projekt in der FSJ-Einrichtung auszuprobieren. Rehm berät nebenher die Jugendlichen, nach einer Reflexion im Juni bekommen die FSJler dann ihre Abschlusszertifikate überreicht.
"Ich habe gelernt, meine Gefühle auszudrücken, ohne andere zu verurteilen, und das ist sehr wichtig, um Streitigkeiten vorzubeugen", nennt Teilnehmer Rawan Ahmed einen Punkt, den er versuchen will, mit Kindern im Kindergarten umzusetzen. Ähnlich sieht das Leonie Braunschweig: "Im FSJ werde ich das brauchen können, um den Kindern durch Spiele zu zeigen, dass sie auf ihre Bedürfnisse und Körperwahrnehmungen achten und klar signalisieren sollen, wenn sie etwas nicht wollen, und dies auch bei anderen akzeptieren."
Die Logik weltweiter Gewalt
Für Rehm sind viele Erkenntnisse auch im weltweiten Kontext von Bedeutung, wenn auch nicht direkt übertragbar. Geopolitisches Handeln folge in Konflikten immer einer Logik der "erlösenden Gewalt", einer Gewalt also, die zum Frieden führt. "Wir zeigen wiederum, dass die Logik der Gewalt immer zur Eskalation führt, wir also eine andere Herangehensweise brauchen. Gewaltloses Handeln überhaupt als Alternative zu denken, sei in der Diskussion um die Frage, ob Russland möglicherweise irgendwann die Nato angreife, eine Herausforderung. Er sei deshalb dankbar für das Motto der diesjährigen Ökumenischen Friedensdekade, "Erzähl mir vom Frieden". "Das sind keine Hirngespinste, es gibt praktisch erprobte Visionen, die müssen erzählt werden."
Vom 13. bis 15. März schult Gregor Rehm in Blieskastel Lehrer als Trainer für Friedensbildung. Die Anmeldung ist möglich unter tnv.lpm-saarland.de; Suchbegriff: Frieden.
Hintergrund
Entwickelt wurde das Programm auf Basis des Friedensgebots "Selig sind, die Frieden stiften" vor 15 Jahren in der Arbeitsstelle Frieden der Evangelischen Landeskirche in Baden. 2010 wurde es von der Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD ausgezeichnet, weitere Landeskirchen haben es seitdem übernommen. Mehrere Tausend Jugendliche wurden bisher ausgebildet.