Entwurf zur Änderung der Kirchenverfassung geht ins Beteiligungsverfahren

Landessynode berät künftige Rollen von Bezirkskirchengemeinden und Ortskirchengemeinden

Speyer (lk). Am zweiten Tag ihrer Herbsttagung (Freitag, 21. November) hat die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz schwerpunktmäßig über die künftigen Leitungs- und Verantwortungsstrukturen der Landeskirche beraten. Im Mittelpunkt stand der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kirchenverfassung  auf dem Hintergrund der im Frühjahr beschlossenen Eckpunktepapiere. Die Synodalen nahmen den Entwurf entgegen und beschlossen, das vor einer abschließenden Entscheidung gebotene Beteiligungsverfahren einzuleiten. Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm ordnete den Verfassungsentwurf in den größeren Zusammenhang des Zukunftsprozesses ein:

„Es geht im gesamten Prozess um eine Umverteilung von Verantwortung, damit wir auch zukünftig bei den dann noch vorhandenen Finanzmitteln und mit den dann noch zur Verfügung stehenden Personen im Haupt- und Ehrenamt noch Kirche sein können.“

Kontroverse Diskussion

Die Beratungen verliefen der Tragweite des Themas entsprechend lebhaft und kontrovers. Die mehrstündige Debatte entzündete sich vor allem am Körperschaftsstatus der Kirchengemeinden. Synodalpräsident Hermann Lorenz erinnerte in der Aussprache daran, dass die Synodalen mit ihren Entscheidungen „Verantwortung für die ganze Kirche tragen“. Mit 43 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen nahm die Synode den Entwurf an und schickte ihn auf den Weg ins Beteiligungsverfahren.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kirchenverfassung

Mit dem Entwurf wird die Kirchenverfassung grundlegend neu gefasst. Ziel ist es, die Leitungs- und Verantwortungsstrukturen der Evangelischen Kirche der Pfalz an die im Prio-Prozess beschlossene künftige Gestalt mit größeren Kirchenbezirken („Bezirkskirchengemeinden“), regional arbeitenden Regioteams und vielfältigen Gemeindeformen anzupassen und die Rolle der Ortskirchengemeinden klar zu definieren. Künftig sollen nur noch die Landeskirche und die neu zugeschnittenen Kirchenbezirke Körperschaften des öffentlichen Rechts sein - mit voller staatlicher Rechtsfähigkeit, eigener Haushaltsführung, Dienstherrenfunktion und Steuererhebungsrecht. Die Ortskirchengemeinden werden zu Körperschaften kirchlichen Rechts: Sie behalten Namen, Profil, Leitungsgremium, bestimmte Rechte und ein eigenes Budget, werden aber von vielen Verwaltungs-, Finanz- und Rechtsaufgaben entlastet.

Hintergrund ist, dass der bisherige Körperschaftsstatus für die knapp 400 Gemeinden zwar Rechte, zugleich aber eine kaum noch leistbare Fülle von Pflichten in Haushaltsführung, Personal- und Gebäude­verantwortung mit sich bringt; durch die Konzentration der vollen Rechtsfähigkeit auf wenige größere Einheiten können Verwaltung gestrafft, Doppelstrukturen abgebaut und Ehren- wie Hauptamtliche vor Ort spürbar entlastet werden.

Ortskirchengemeinden: entlastet, aber weiter verantwortlich vor Ort

Die Ortskirchengemeinde wird im Entwurf als Körperschaft kirchlichen Rechts beschrieben. Sie ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten auf dem innerkirchlichen Gebiet selbstständig im Rahmen der kirchlichen Ordnung und wird durch den Ortskirchengemeinderat vertreten. Für den außerkirchlichen Rechtsverkehr erhält sie eine gesetzliche Vollmacht, die es erlaubt, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs und Budgets für die Bezirkskirchengemeinde zu handeln.

Die im Haushaltsplan der Bezirkskirchengemeinde für eine Ortskirchengemeinde bestimmten Mittel werden als Budget ausgewiesen und von der Ortskirchengemeinde eigenverantwortlich bewirtschaftet. Spenden und letztwillige Verfügungen zugunsten einer Ortskirchengemeinde sowie Erträge aus zweckgebundenem Vermögen sind diesem Budget zuzuordnen. Auch Einnahmen aus gemeindlichen Veranstaltungen sollen diesem Budget zugeführt werden.

Der Ortskirchengemeinderat leitet die Ortskirchengemeinde und trägt Verantwortung für Verkündigung, Seelsorge, Bildung, Diakonie und Mission vor Ort. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.

Bezirkskirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts

Mehrere Ortskirchengemeinden bilden künftig eine Bezirkskirchengemeinde, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestaltet ist. Sie kann in bis zu sieben Regionen gegliedert werden. Organe der Bezirkskirchengemeinde sind Bezirkssynode, Bezirkskirchenrat sowie Dekanin oder Dekan mit ihren Stellvertretungen; sie leiten gemeinsam die Bezirkskirchengemeinde. Der Bezirkskirchenrat vertritt die Bezirkskirchengemeinde gerichtlich und außergerichtlich.

Die Bezirkssynode setzt sich aus gewählten, berufenen und geborenen Mitgliedern zusammen. Die Zahl der nicht beruflich in der Landeskirche Tätigen soll doppelt so hoch sein wie die der beruflich Tätigen; mindestens die Hälfte der beruflich Tätigen sind Geistliche. Auf Ebene der Bezirkssynoden sind beratende oder beschließende Ausschüsse denkbar, die eine hinreichende Repräsentanz regionaler Perspektiven gewährleisten.

So geht es jetzt weiter

Im nächsten Schritt werden die Entwurfsunterlagen den Presbyterien, Bezirkssynoden sowie den Interessenvertretungen der Beschäftigten zugeleitet. Diese können Rückmeldungen geben und Änderungsvorschläge machen. Eine endgültige Verfassungsänderung ist erst nach Auswertung dieser Rückmeldungen auf der Frühjahrssynode 2027 möglich.

Das Projektbüro des Zukunftsprozesses #kirche.mutig.machen bietet im nächsten Jahr zahlreiche Workshops und Veranstaltungen für Haupt- und ehrenamtlichen Mitglieder an, um über die anstehenden Reformen zu diskutieren, Stellungnahmen zum Verfassungsentwurf einzuholen sowie zukünftige Formen der Zusammenarbeit in den Gemeinden zu entwickeln. Informationen und Termine gibt es ab Januar 2026 auf der Website der Landeskirche evkirchepfalz.de

Hintergrund: Strukturreform im Zukunftsprozess #kirche.mutig.machen

Der Entwurf zur Änderung der Kirchenverfassung ist Teil der im Zukunftsprozess #kirche.mutig.machen angestoßenen Strukturreformen. Neben der Verfassungsänderung liegen Entwürfe für ein Kirchenbezirksreformgesetz, ein Kirchenverwaltungsgesetz und ein Kirchliches Kitaträgergesetz vor, die in eigenen Tagesordnungspunkten beraten werden. Ziel ist es, Aufgaben und Verantwortung zwischen Landeskirche, Bezirkskirchengemeinden und Ortskirchengemeinden neu zu ordnen, Verwaltungsstrukturen zu vereinfachen und Haupt- wie Ehrenamtliche zu entlasten.

Hintergrund: Landessynode

Es ist die zehnte Tagung der 13. Landessynode, die von 2021 bis 2026 gewählt ist. Die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) ist als kirchliche Volksvertretung das oberste beschlussfassende Gremium der Landeskirche. Sie trifft wesentliche Entscheidungen in geistlichen, rechtlichen und finanziellen Belangen. Ihr gehören 57 Mitglieder an.

 

Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm bei der Einbringung des Verfassungsentwurfs in die Synode. Foto: lk/Krümpelmann

Führte durch die emotionale Debatte: Das Präsidium der Synode. Foto: lk/Krümpelmann

Die Synodalen tragen mit ihren Entscheidungen Verantwortung für die ganze Landeskirche. Foto: lk/Krümpelmann