Von Uwe Rauschelbach
Frankenthal. Das Motto klingt frech, ist aber als freundliche Einladung gemeint: „Geh’ zum Kukuk“. Außerdem bezeichnet die Abkürzung für „Kunst, Kultur und Kirche“ ein Programm, das seit gut 27 Jahren den großen Saal des Ökumenischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz der rheinland-pfälzischen Stadt Frankenthal belebt. Der Ursprungsgedanke: durch kulturelle Angebote Menschen in kirchliche Räume bringen.
Das ist dem fünfköpfigen Team um den ehemaligen Gemeindediakon Ralf Zeeb auch gelungen. Auf der Strecke geblieben ist hingegen der erwünschte ökumenische Charakter. Zum Bedauern der Protestanten zog die katholische Schwestergemeinde St. Jakobus nicht mit: „Es hat nicht funktioniert“, sagt Ralf Zeeb lapidar, „aber wir haben trotzdem weitergemacht.“ Kukuk ist damit als eine Initiative der evangelischen Kirchengemeinde im Pilgerpfad ausgewiesen, die das Zentrum ansonsten gemeinsam mit den katholischen Frankenthaler Christen nutzt und die Ökumene auch in unterschiedlichen Gruppen verwirklicht.
Menschen in die Kirche bringen, ohne religiöse Angebote durch die Hintertür zu machen: Dieses Konzept geht seit dem Start von Kukuk offenbar auf. Das Programm umfasst Kindertheater und Kabarett, Lesungen und Theaterspiel, Chanson- und Jazzkonzerte. Die Organisatoren machen mit ihrer Initiative durchaus so etwas wie kulturelle Stadtteilarbeit in einem von Einfamilienhäusern und großen Wohnblocks strukturierten bevölkerungsheterogenen Viertel. Doch auch selbst haben sie zur Kirche teilweise ein eher distanziertes Verhältnis. Andrea Döring, die sich mit ihrem Mann Joachim für Kukuk engagiert, bezeichnet sich selbst als eher unregelmäßige Kirchgängerin. Und Michael Urrey, der sich besonders im Genre der Jazzmusik auskennt, gehört keiner Kirche an. Zusammen mit Gerhard Kreuter, der für den Online-Auftritt von Kukuk zuständig ist, stellen sie jährlich etwa ein halbes Dutzend Kulturveranstaltungen mit lokalen und regionalen Größen auf die Beine, zu denen im großen Saal des Gemeindezentrums bis zu 60 Besucher kommen.
Besonders die Jazzkonzerte haben sich offenbar zum Treffpunkt für Kenner entwickelt. Michael Urrey verfügt über entsprechende Kontakte. Und er beteuert: „Hier wird geglaubt.“ Dann nämlich, wenn Besucher ihren Sozialausweis vorlegen wollen, um einen ermäßigten Eintritt zu bekommen. Auf diesen Nachweis wird im Gemeindezentrum großzügig verzichtet.
Gerade Urrey hatte anfangs „panische Angst“ vor leeren Stühlen. Doch inzwischen hat sich Kukuk längst als Veranstaltungsformat in der Region etabliert. Der Mannheimer Jazztrompeter Thomas Siffling hat hier bereits gespielt. Wer im Gemeindezentrum auftritt, schätzt vor allem das konzentriert zuhörende Publikum.
Im Mai laden die Veranstalter zu einem Konzert mit „Klezmers Techter“ ein, einem Duo mit Klarinettistin Gabriela Kaufmann und Akkordeonistin Almut Schwab, die jiddische Musik spielen. Außerdem stehen die Kukuk-Initiatoren mit dem Ensemble Colourage in Kontakt, dem Musiker der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, der Popakademie Baden-Württemberg und der Orientalischen Musikakademie Mannheim angehören. Ihr Auftritt wäre in Frankenthal eine große Nummer.
Seit der Gründung 1997 haben die Initiatoren von Kukuk insgesamt 156 Veranstaltungen angeboten: eine bunte Bandbreite, ohne teure Topacts, aber mit Künstlerinnen und Künstlern, die es verstehen, auch ein kleineres oder mittelgroßes Publikum zu unterhalten. Gezahlt werden Honorare in moderater dreistelliger Höhe. Das Budget ist über den Gemeindeetat abgesichert. Aber laut Ralf Zeeb haben bislang erst zwei Veranstaltungen mit einem Minus abgeschlossen. Dafür konnten die Macher von Kukuk der Gemeinde einen höheren fünfstelligen Betrag zukommen lassen, der durch sämtliche Veranstaltungserlöse erzielt worden ist. Auch Spender und Sponsoren greifen dem Team unter die Arme. Ein benachbarter Supermarkt stellte Naturalien zur Verköstigung von Besuchern zur Verfügung.
Eine Sorge haben die Kukuk-Aktivisten dennoch: „Wir kriegen keine jungen Leute hier rein“, sagt Andrea Döring. Auch im Organisationsteam säßen nur Ältere. Würden Jüngere mitwirken, würde sich das auch auf das Programm niederschlagen, meint Döring. Dann kämen auch jüngere Menschen ins Gemeindezentrum. Diesen Wunsch teilen bei Kukuk alle Mitarbeiter.
Könnte Kukuk ein Konzept für Gemeinden sein, deren Kirchen sich immer mehr leeren? Ralf Zeeb hat darauf eine nüchterne Antwort: „Der Gottesdienst ist schon lange nicht mehr Mittelpunkt der Gemeinde.“
Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.