Die pfälzische Kirchenpräsidentin und Sprecherin des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Dorothee Wüst äußert sich zum Rücktritt der EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus.

Annette Kurschus ist heute mit sofortiger Wirkung vom Amt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten und scheidet aus dem Rat der EKD aus. Kirsten Fehrs, Bischöfin von Hamburg und Lübeck und stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende, wird das Amt der Ratsvorsitzenden ab sofort kommissarisch führen.

Die pfälzische Kirchenpräsidentin und Sprecherin des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Dorothee Wüst äußerte sich betroffen: „Ich schätze Annette Kurschus als eine kluge Theologin, brillante Rednerin und als einen empathischen Menschen. Insofern bedaure ich es sehr, sie als Ratsvorsitzende zu verlieren. Aber ich habe Respekt vor diesem Schritt, der auch weitere Belastungen von der Arbeit des ‚Beteiligungsforums sexualisierte Gewalt‘ der EKD nimmt.“

An der konsequenten Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Evangelischer Kirche und Diakonie „führt kein Weg vorbei. Das sind wir den betroffenen Personen schuldig“, betont Kirchenpräsidentin Wüst. Die Evangelische Kirche der Pfalz sieht sich in der Pflicht, Missbrauch zu verhindern, Betroffene zu schützen und Taten zur Anklage zu bringen. Es gehe um Glaubwürdigkeit und Vertrauen. „Jeder Fall ist einer zu viel. Es ist in unserem ureigenen Interesse, sexualisierte Gewalt als ein kirchliches Kernthema zu verstehen.“

„Wir brauchen weiterhin eine Kultur des Hinsehens“, ergänzt Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm, Missbrauchsbeauftragte der Landeskirche, „alle müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden.“ Die Evangelische Kirche der Pfalz verfolgt seit Jahren eine „Null-Toleranz-Politik“ mit konkreten Maßnahmen. Im November 2019 hat die Landessynode das „Gesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt“ verabschiedet. Wesentliche Elemente sind die Beteiligung Betroffener, die individuelle Aufarbeitung durch eine unabhängige Kommission, die institutionelle Aufarbeitung, schnelle Hilfe für Betroffene sowie den Ausbau von Präventionsmaßnahmen. So führte die Evangelische Kirche der Pfalz als erste Landeskirche die verpflichtende Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für Presbyterinnen und Presbyter und andere ehrenamtliche Mitarbeitende ein.

Weitere Informationen

Innerhalb der Landeskirche gibt es interne und externe Ansprechstellen und -personen für Betroffene sexualisierter Gewalt. Bitte melden Sie sich, wenn Sie selbst betroffen sind oder eine betroffene Person kennen: Hier finden Sie eine Übersicht der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner.

An die ab 2010 eingerichtete unabhängige Kommission sind neun Fälle herangetragen worden. Seit 1947 sind im Bereich der Landeskirche bis heute 44 Fälle bekannt geworden - von übergriffigem Verhalten bis hin zu strafrechtlich relevanten Taten.

Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst ist seit Dezember 2022 Sprecherin im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Das Beteiligungsforum hat am 1. Juli 2022 seine Arbeit aufgenommen. Alle Fragestellungen werden in diesem Forum zentral von Betroffenen und kirchlichen Beauftragten diskutiert. Es werden gemeinsame Lösungen entwickelt. Die Mitwirkung Betroffener ist verbindlich: Bei jeder kirchenpolitischen Entscheidung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt sind Betroffene im Rahmen des Beteiligungsforums einzubinden.

Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst (Foto: lk/View)