Das letzte Traufest des Jahres hat vor wenigen Tagen stattgefunden. Zeit für eine Bilanz und einen Ausblick mit Diemut Meyer, Pfarrerin im Pfälzer Segensbüro, bevor die Landessynode das Blessed-Konzept berät.

Frau Meyer, rund um die Kaiserslauterer Oktoberkerwe und in der Lutherkirche dort ist vor wenigen Tagen das letzte Traufest dieses Jahr in der Landeskirche über die Bühne gegangen. Insgesamt haben sich jetzt an acht Terminen mehr als 150 Paare segnen oder trauen lassen, die meisten davon auf dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt. Allein hier waren 22 Pfarrerinnen und Pfarrer unterwegs – und das Team des Segensbüros. Wie haben Sie den Tag erlebt?

Es gab viele sehr glückliche Paare. Das Glück war ansteckend sagte eine der Ehrenamtlichen. In der klaren Struktur der Zeremonie ging es um das Eigentliche: den Zuspruch von Gottes Segen. Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben hautnah erlebt, wie der Segen Gottes wirkt, und sie haben sich selber als Gesegnete an diesem Tag erlebt. Es gab viel Freude darüber, dass der Segen Gottes gemeinschaftlich weitergegeben wurde, es war etwas „von oben“ an diesem Tag da. Die zehn Musikerinnen und Musiker, das große Orga-Team, die Pfarrerinnen und Pfarrer, alle haben an einem Strang gezogen und eine Dienst- und Segensgemeinschaft erfahren. Das war Kirche zum Anfassen. Viele Menschen haben sich spontan segnen lassen.

Im Vorfeld wurde an den Traufesten kritisiert, hier würde der Segen bzw. die Trauung verschleudert, verramscht. Wie haben Sie die einzelnen Trauungen erlebt und was würden Sie den Kritikern im Nachhinein entgegnen?

Die Gespräche, die die Pfarrerinnen und Pfarrer mit den Paaren geführt haben, waren von einer großen Ernsthaftigkeit und Tiefe geprägt, ganz anders, als der Wurstmarkt als Ort vielleicht vermuten lässt. Die Paare standen im Fokus, sie konnten sich voll und ganz auf „ihren“ Moment konzentrieren, auch weil sie sich nicht um tausend andere Dinge kümmern mussten. Schließlich war ja für die Musik und vieles anderes schon gesorgt.

Was bedeutet der Erfolg der Traufeste für die Arbeit in den Kirchengemeinden und das Segensbüro?

Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Es ist wichtig als Kirche, mit größeren Trau- und Tauffesten in die Öffentlichkeit zu gehen. Im vergangenen Jahr waren es die EKD-weiten Tauffeste, in diesem Jahr die Trauungen. Im kommenden Jahr wollen wir den Fokus auf die Themen „Tod und Trauer“ und die Kasualie „Bestattung“ legen. Das Konzept müssen wir noch entwickeln und es ist klar, dass wir hier ganz anders herangehen müssen. Aber auch hier wollen wir die Kirchengemeinden unterstützen. Wir möchten zeigen, dass auch die Kirche auf die individuellen Wünsche der Angehörigen eingehen kann. Und natürlich geht es nicht nur um öffentlichkeitswirksame Aktionen, sondern um den Alltag in den Kirchengemeinden. Es muss nicht immer das ganz große Rad gedreht werden, es geht nicht darum, sich immer weiter zu steigern.

Welche Bedeutung haben Kasualien für die Kirche?

Wenn wir auf die Zahlen schauen, haben wir relativ gesehen bei den Kasualien einen stärkeren Rückgang als bei den Kirchenmitgliedern insgesamt. Das heißt, teilweise haben wir Kirchenmitglieder, die beispielsweise einen freien Trauredner oder eine freie Traurednerin beauftragen. Dabei ist das doch das Kerngeschäft von Kirche.

Was müsste Kirche tun, damit sie hier mehr wahrgenommen wird?

Ich würde sagen, wir müssen serviceorientierter herangehen an Kasualien, den eigenen Kasualprozess in den Blick nehmen. Das ist bereits ein großes Thema in den Landeskirchen, viele machen sich Gedanken darüber. Vor wenigen Tagen war ich auf Einladung bei der Evangelischen Landeskirche in Baden, um auf der Landessynode über die Erfahrungen von Blessed.Pfalz zu berichten. Sie waren am Konzept interessiert und an der Umsetzung.

Was nehmen Sie mit?

Rückenwind. Theologieprofessor Thomas Klie hat den Synodalen dargelegt, wie wichtig es ist, Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen zeitgemäß auf die Bedürfnisse der Menschen zuzuschneiden – und dass es immer mehr Anlässe jenseits traditioneller Kasualien gibt, wo sich Menschen Zuspruch in Form von Segen wünschen. Ob als Erstklässler oder Abiturientin, beim Erinnern an Verstorbene, in der Schwangerschaft oder bei der Salbung Kranker.

Begreift sich das Segensbüro hier als Dienstleister?

Ja, denn es gibt schon eine Menge guter Ideen und Umsetzungen quer durch die Kirchengemeinden in der Pfalz. Das Segensbüro kann auf Wunsch unterstützen. Kürzlich bin ich wegen einer Veranstaltung zu einem Ehejubiläum angefragt worden, demnächst ist unser Kaugummiautomat mit den Segenssprüchen bei der „Kirche zum Abtanzen“ in Lauterecken im Einsatz. Es geht darum, den Aspekt des Segens und Segnens einfach mitzudenken bei den unterschiedlichsten Anlässen. Menschen haben einen Bedarf nach persönlichem Segen. Das habe ich schon mit dem Segenszelt gemerkt beim Pfälzer Kirchentag. Dort kamen auch mit der Kirche Hochverbundene, die das in dieser Form als etwas sehr Besonderes empfunden haben und es so noch nicht erlebt haben.

Wirkt die Präsenz von Kirche über diese Segensmomente hinaus?

Das wichtige ist, dass die Kirche erst einmal dieses Bedürfnis nach Segen erfüllt. Dort, wo die Menschen gesegnet werden, haben sie dann Berührungspunkte zur Kirche. Und natürlich kann daraus auch ein längerer Kontakt entstehen, auch zu Gruppen, die bisher wenig Kontakt zur Kirche hatten. Eine Frau, die sich hat kirchlich trauen lassen auf dem Wurstmarkt, aber sonst keinen Bezug zur Kirche hatte, ist ein gutes Beispiel. Sie hat sich jüngst als Ehrenamtliche gemeldet – um bei einem Technorave der Evangelischen Jugendzentrale in der Bad Dürkheimer Schlosskirche Getränke auszuschenken.

Das Gespräch führte Florian Riesterer.

Pfarrerin Diemut Meyer beim Traufest auf dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt. (Foto: Marius Schiffer/Cambrothers GbR)