Rund ein Jahr lang bildet Birgit Weindl als Kunstbeauftragte der pfälzischen Landeskirche zwölf Menschen zu Kirchenführerinnen und Kirchenführern aus. Schon während des Kurses testen sie sich bei Probeführungen aus. Wir waren bei einer dabei.

Rund ein Jahr lang bildet Birgit Weindl als Kunstbeauftragte der pfälzischen Landeskirche zwölf Menschen zu Kirchenführerinnen und Kirchenführern aus. Schon während des Kurses testen sie sich bei Probeführungen aus. Wir waren bei einer dabei.

Trulben (lk). „Habt ihr Herztropfen dabei?“, fragt Karin Burkhardt lachend. In wenigen Minuten wird sie ihre erste Kirchenführung machen. Die St. Wendelinus-Kapelle im südwestpfälzischen Trulben hat sie sich dafür ausgesucht. Die Kapelle wird sie einem besonderen Zuhörerkreis näherbringen: elf Kollegen und Kolleginnen, die sich wie Burkhardt zu Kirchenführern ausbilden lassen und ihre Führung anschließend bewerten. Im Februar gestartet, dauert die kirchenpädagogische Ausbildung etwas über ein Jahr. Grundlagen der Kirchenpädagogik wurden den Teilnehmern, die sich sichtlich gut verstehen, zum Start vermittelt.

Studientage zu Musik oder Liturgie

In den nächsten Wochen werden sie viele Kirchen vom Saarland bis in den Neckarraum kennenlernen. „Das ist der Bereich, aus dem unsere Teilnehmer kommen“, sagt Birgit Weindl, Kunstbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz. Sie verantwortet die Ausbildung. Von Juli bis September werden Berno Müller, Bettina Ebbinghaus-Hoffmann, Anke Falkenstett, Jochen Hauptmann, Bernd Schöpsdau, Andreas Schröder, Jutta Frank, Uwe Schumacher, Gabi Regulla, Martina Roth, Jürgen Metzger und Karin Burkhardt Kirchen kennenlernen und Erfahrungen als Kirchenführer sammeln. Diese werden durch Studientage unterfüttert, die sich mit Musik und Liturgie oder Biografien und der Kirche im Wandel befassen.

Experimentieren ist wichtig

„Wir sind in einer Experimentierphase, man kann was ausprobieren, schauen, wie kommt es bei den Gästen an“, sagt Weindl. Informativ, spirituell und unterhaltsam soll die Führung sein. Drei Bewertungsschwerpunkte gibt es: Inhalt, Methode und Verhalten der Kirchenführerin.

Aus Köln ist Kunsthistorikerin Martina Langel zur Probeführung angereist. Sie ist Dozentin und hat den Kursteilnehmern grundsätzliches Wissen vermittelt, sie für das Thema begeistert. Jede Kirche hat eine eigene Geschichte, sagt Langel. „Aber es gibt natürlich grundsätzliches Wissen rund um die Kirchen, um Baustile, um die Historie.“

Einschusslöcher aus dem Krieg

Dass es die Wendelinus-Kapelle in einem sehenswerten Zustand gibt, ist dem Wendelinus-Kapellenverein zu verdanken. Die kommissarische Vorsitzende des Vereins, Silvia Seebach, und Klaus Weber, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Pirmasens-Land, zu der Trulben gehört, sind zur Führung gekommen, genauso Kunstschmied Thomas Maria Schmidt. Er hat einen besonderen Bezug zur Kapelle.

Burkhardt begrüßt die Gäste und erläutert, dass die Kapelle dem heiligen Wendelin gewidmet ist, dem Schutzpatron der Schäfer, der Bauern und des Viehs. Besonders herausstechend an dieser Kapelle seien „zwei Schwellenübergänge“, erläutert sie. Der erste führt zum Außenbereich der Kapelle. Er gibt den Blick auf Eingangsportal, Außenaltar, den Glockenturm und ein altes Sandsteinkreuz frei. In diesem sind noch Einschusslöcher aus dem Krieg auszumachen. Burkhardt führt die Gruppe neben die Kapelle. Jetzt heißt es, von der Anhöhe, auf der die Kapelle steht, Richtung Westen, wo Frankreich liegt, zu schauen. Von dort kam das Unwetter, dem die Kapelle ihren Bau verdankt.

Unwetter als Ursprung

Burkhardt nimmt die Gruppe mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Damals sah ein Bauer, der auf dieser Anhöhe stand, ein Unwetter auf sich und sein Vieh zukommen. Er flehte den heiligen Wendelinus an, ihm zu helfen, dass er und sein Vieh verschont bleiben. Gelänge das, wolle er ihm anschließend eine Kapelle errichten. Der Bauer wurde verschont, die Kapelle gebaut. In mehreren Kriegen zerstört, wurde sie 1984/85 restauriert. 2020 wurde der Glockenturm saniert.

Der zweite Schwellenübergang führt ins Kircheninnere. Burkhardt hat für jeden eine Kerze zum Anzünden dabei. Sie bittet ihre Gäste, auf den Kirchenbänken Platz zu nehmen und die Kapelle auf sich wirken zu lassen. Dazu läuft Musik. Ein bisschen zu lang sei das Musikstück gewesen, wird Burkhardt später in der Bewertung hören. Wichtige Hinweise für kommende Führungen.

Ein Kreuz aus Schlüsseln

Vermittlungsmodule, Rhetorik und die Sprache waren Inhalte am ersten Studientag. Was dort vermittelt wurde, versucht Burkhardt in ihre Führung einfließen zu lassen. „Was ist euch aufgefallen?“, fragt sie die Gäste, die das besondere Kreuz am Altar nennen. Das hat Thomas Maria Schmidt aus Schlüsseln gestaltet, die er von Bürgern aus der Region bekommen hat. Mit diesen Schlüsseln verbinden sich Schlüsselerlebnisse, erklärt Burkhardt den Bezug des anwesenden Schmiedemeisters.

Mit einem Wissensplus verlassen die Gäste die Kapelle. Burkhardt verabschiedet jeden persönlich mit einem kleinen Präsent. „Es ging auch ohne Herztropfen“, sagt Burkhardt am Ende der Führung lachend.

Mit Herzblut dabei

Die angehenden Kirchenführer sind mit Herzblut dabei. „Müssen sie sein“, sagt Weindl. Schließlich investieren sie Zeit und Geld in ihre Ausbildung. Weindl bildet zum sechsten Mal Kirchenführer aus. Sie seien sehr wichtig, um als Multiplikatoren Menschen den Wert der Kirchen nahezubringen, sagt sie. Etwa 100 Kirchenführer wurden bislang im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz ausgebildet. Ob es einen siebten Ausbildungskurs geben wird, weiß Weindl nicht: „Ich hoffe es. Ich versuche gerade diese wichtige Ausbildung innerhalb der Kirche so unterzubringen, dass sie fortgeführt werden kann“, sagt Weindl. 2026 geht sie in den Ruhestand.

Hintergrund

Die Kirchenführer -Ausbildung ist ein ökumenisches Projekt. Den kommenden Kurs bietet die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Speyer in Kooperation mit der KEB Trier an. Die Ausbildung richtet sich an Ehrenamtliche, Stadtführer*innen, Pastoral- und Gemeindereferent*innen sowie an alle kulturell interessierten Personen und qualifiziert die Teilnehmenden zu Kirchenführer*innen einer selbstgewählten Kirche. Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat und das Gütesiegel des Bundesverbandes Kirchenpädagogik.

Der Informationsabend findet am Freitag, 27. September, von 16:30 bis 19 Uhr im Blauen Salon des Bischöflichen Ordinariates am Domplatz 3 in Speyer statt. Die Bildungsreferentin der KEB Pfalz, Sonja Haub, stellt den Ausbildungskurs vor und gibt Einblicke in die verschiedenen Kurs-Abschnitte. Der Informationsabend ist kostenfrei und unverbindlich. Anmeldung bei der KEB Bistum Speyer, Tel.: 06232/102-180, Mail: keb@bistum-speyer.de

Autorin: Andrea Daum

Führung im Außenbereich der Wendelinuskapelle. Foto: Andrea Baum

Führung im Außenbereich der Wendelinuskapelle. Foto: Andrea Baum