Mitglieder der United Reformed Church in England haben die Evangelische Kirche der Pfalz besucht. Bei den theologischen Konsultationen der Partnerkirchen standen vor allem neue Formen von Kirche im Mittelpunkt – und wie sie umgesetzt werden können.

Mitglieder der United Reformed Church in England haben die Evangelische Kirche der Pfalz besucht. Bei den theologischen Konsultationen der Partnerkirchen standen vor allem neue Formen von Kirche im Mittelpunkt – und wie sie umgesetzt werden können.

Speyer/London (lk). Pfarrer Martin Henninger hatte 2023 an der Generalversammlung der United Reformed Church teilgenommen und dort mit Philip Brooks, bei der URC verantwortlich für die Partnerschaft mit der Evangelischen Kirche der Pfalz, das Thema angeregt. Anschließend hatten Oberkirchenrat Markus Jäckle, Anja Behrens und Martin Henninger die theologische Konsultation vorbereitet.

Neben verschiedenen Vorträgen zu neuen Formen von Kirche im Landeskirchenrat und Diskussionen konnten die Gäste das jüdische Speyer kennenlernen. Außerdem besuchten sie das Hambacher Schloss als Erinnerungsort der Demokratie. Von Samstagabend bis Montagfrüh waren die Gäste in verschiedenen Gemeinden untergebracht.

Gleiche Herausforderungen

„Ich denke, beide Kirchen stehen ungefähr vor der gleichen Herausforderung – einer säkulareren Gesellschaft –, gehen aber unterschiedlich damit um“, sagt Henninger. In der United Reformed Church als Freikirche seien Kirchenmitglieder gleichzeitig auch immer Mitarbeiter. Die URC tue sich leichter, angemessen über den Glauben zu reden. „Das ist meine Wahrnehmung.“ Er habe in englischen Fresh-X-Projekten, neuen Formen von Kirche, erlebt, dass Gespräche über den Glauben ganz selbstverständlich dazugehören. In Deutschland habe er schon von Projekten gehört, bei denen Spiritualität gar nicht mitgedacht werde. Natürlich sei es eine große Kunst, „über den Glauben zu reden, ohne ihn aufzudrücken“.

Mit „distanzierter Kirchlichkeit“ umgehen lernen

Samuel Lacher, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Theologie der Universität Tübingen, habe in seinem Vortrag bei der Konsultation Ergebnisse der Freiburger Studie und der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung aufgearbeitet. Auch wenn das Nachlassen der Kirchenbindung nicht zu leugnen sei, gebe es nach wie vor ein hohes und konstantes Maß an Verbundenheit mit der Kirche, habe Lacher analysiert. Die Kirche müsse nun Wege finden, mit dieser „distanzierten Kirchlichkeit“ umzugehen, und Lösungen entwickeln, diese Menschen trotzdem zu erreichen.

Angebot für Menschen auf Zeit

Er kenne wiederum Untersuchungen aus Australien, den USA und England, die zeigten, dass trotz der viel beschworenen Säkularisierung den Menschen immer noch Spiritualität innewohne, die im engeren Sinne definiert werden könne mit einer Sinnsuche für das eigene Leben, sagt Henninger. Wenn es christlichen Gemeinden gelinge, hierfür entsprechende Angebote zu machen, Antworten auf solche Fragen zu finden, sei die Attraktivität nach wie vor da. Nur die Form müsse sich ändern, sagt Henninger und verweist auf ein Marktmodell. „Als VW gemerkt hat, der Käfer geht nicht mehr, haben sie den Golf gebaut.“ Allerdings gebe es nicht die eine Antwort, die für alle gilt, schränkt er diesen Vergleich sofort ein.

Dass Kirche insgesamt aber immer vielfältiger werde und sich weg von der Institution bewege zu einem „Angebot für Menschen auf Zeit“, könnte vielleicht eine Lösung für die kommenden Jahre sein.

Pfarrerausbildung anpassen

Nicola Furley-Smith aus der Kirchenleitung der URC habe die Rolle der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als „Menschen auf der Grenze“ zwischen Gemeinde und gemeindlichem Kontext aufgezeigt. „Die Pfarrerausbildung muss dieses Innen und Außen der Gemeinde mehr in den Blick nehmen“, sagt Henninger. Pfarrer müssten sich nicht nur in die Kerngemeinde hinein, sondern auch darüber hinaus orientieren.

Festgestellt hätten die Teilnehmer, dass das Thema Sparen mit Blick auf kirchliche Angebote in der Evangelischen Kirche der Pfalz einen viel größeren Raum einnehme als in der englischen Partnerkirche. „Die URC lebt immer schon damit, hat gar nicht den Anspruch, alles abdecken zu müssen“, sagt Henninger über die Kirche mit ihren rund 50 000 Mitgliedern. Und auch sie müsse Jahr für Jahr Gebäude aufgeben oder Gemeinden schließen. In der Landeskirche sei weniger „Mut zur Lücke“ zu finden.

Flexibler werden

Als Auftrag aus dem Treffen nehme die pfälzische Delegation mit, dass aus- und fortgebildet werden müsste, um sprachfähig zu werden im Glauben und darauf eingehen zu können, was die Menschen beschäftigt; wo sie selbst etwas gestalten möchten. Auch hier sei die URC flexibler, sagt Henninger. Die Partnerkirche aus England akzeptiere es leichter, wenn sich jemand nur für kurze Zeit verpflichtet. „Es muss nichts direkt in Stein gemeißelt sein.“

Ganz großen Wert lege die URC darauf, Gemeinde zu stärken, ist eine weitere Erkenntnis des Treffens. Dies sieht Henninger als entscheidend an. „Wenn eine Kirche wachsen will, geht das nur über die Gemeinde.“ Im Gespräch mit Haupt- und Ehrenamtlichen höre er immer wieder, dass sie gerne mehr Zeit in Gemeindearbeit stecken würden statt in Gebäude. An dieser Stelle sei eine Entlastung und Hilfe durch die Landeskirche nötig.

Gruppenbild. Foto: lk/privat