Vor rund acht Jahren hatten Schulpfarrer, Lehrer und Schüler am Siebenpfeiffer-Gymnasium in Kusel die Idee für einen Raum der Stille. Er sollte die Möglichkeit bieten, beispielsweise gezielt Angebote gegen Schul- und anderen Stress zu machen. Viel Zeit, viele Spenden und viel Unterstützung durch das Bistum Speyer und die pfälzische Landeskirche später ist es nun soweit: Der Raum der Stille wurde offiziell eingeweiht.
Wer direkt davorsteht, wird zunächst nicht vermuten, dass er nur noch einen Schritt vom Raum der Stille entfernt ist. Die Tür sieht aus wie die Tür zu einem normalen Klassensaal auf einem normalen Schulflur. Im Inneren allerdings zeigt sich ein komplett anderes Bild: Statt Tafel und Stühlen finden sich rote und blaue Hocker, außerdem eine noch komplett leere Wand. Diese soll in den nächsten Monaten noch gestaltet werden.
Berge und LED-Lichter
„Wir haben uns überlegt, dass wir Berge auf die Wand malen und dazu noch ein paar LEDs installieren, die die Farben der Hocker aufgreifen. Passende Farben, passendes Licht, um es den Schülern leichter zu machen, runterzufahren“, schildern Benno Wittke und Emilia Hecker. Beide sind Schüler am Siebenpfeiffer-Gymnasium – und zusammen mit Tijana Savic, Klara Brassel, Maria Klaßen, Merle Lißmann und Ida Wittke sogenannte Stille-Scouts. Das heißt, sie werden - neben der Schule – ehrenamtlich mitarbeiten im Raum der Stille.
„Ich komme aus einem Land, in dem man sich nicht sehr viel mit den Gefühlen der Schüler beschäftigt“, sagt Tijana. Sie geht in die 9. Klasse und stammt gebürtig aus Serbien. Als sie von der Idee für den Raum der Stille hörte, war sie einfach neugierig darauf. Der Zehntklässler Benno ergänzt: „Ich finde, es ist ein wichtiger Raum und wenn sich keiner dafür engagiert, dann gibt es ihn nicht. Also mache ich mit.“ Ida stimmt zu. Sie findet es einfach eine coole Sache, dass es jetzt einen Raum gibt, um runterzukommen.
Muskelentspannungstraining und Qi-Gong
Wie dieses Runterkommen am besten funktioniert, haben die Scouts in einer mehrtägigen Ausbildung gelernt. Das wollen sie jetzt weitergeben: „Wir wollen zum Beispiel diverse Entspannungsangebote machen, wie Yoga, Muskelentspannungstraining oder Qi-Gong“, sagt Maria. Merle ergänzt, dass es neben allen stillen Angeboten auch ums Reden gehe. „Ich finde es wichtig, dass die Schüler einen Raum haben, wo sie sich gegenseitig austauschen können“, sagt die Zehntklässlerin.
Jenseits des Leistungsgedankens
Allerdings gibt Schulpfarrer Ulrich Reh, ein Mitglied des Arbeitskreises "Raum der Stille", zu bedenken: „Es darf kein normaler Aufenthaltsraum werden. Der besondere Charakter muss erhalten bleiben.“ Auch die Verwendung als Unterrichtsraum - etwa in Zeiten von Raumnot - ist nicht vorgesehen. „Wir an der Schule bilden die Schüler und sind dabei natürlich ganz stark auf Leistung ausgerichtet“, sagt Reh. Schüler brächten jedoch mehr mit zur Schule. „Für dieses Mehr ist der Raum der Stille da“, sagt Reh.
Weltanschaulich neutral gestaltet
Der Schulpfarrer betont explizit, dass der Raum weltanschaulich neutral gestaltet ist. Etwaige christliche Symbole gäbe es zwar, sie würden aber nur für die jeweilige Veranstaltung aufgestellt und anschließend wieder in den Schränken verstaut. Neben regelmäßigen Ruhe- und Entspannungsangeboten vor, während oder nach der Schule ist angedacht, eine Ruhe-AG zu gründen, sagt Reh. Man wolle Schülern Dinge näherbringen, die ihnen beispielsweise auch außerhalb der Schule beim Entspannen behilflich sein können. „Wir zeigen ihnen Übungen, die sie mit nach Hause nehmen können“, sagt Benno.
Hintergrund
Das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz unterstützen seit zehn Jahren finanziell die Einrichtung von „Räumen der Stille“ mit jeweils 1.000 Euro. „36 Schulen haben das Konzept seitdem umgesetzt“, sagt Monika Schuster, Referentin für Schulseelsorge im Bistum Speyer. Zusammen mit Karin Kienle, Referentin für Schülerarbeit beim Landesjugendpfarramt der pfälzischen Landeskirche sowie Christian Knoll vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend, bieten sie seit einigen Jahren regelmäßig „Stille-Scout-Ausbildungen“ für Schülerinnen und Schüler an, außerdem entsprechende Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer. Auch für die Ausstattung von Räumen können finanzielle Mittel beantragt werden. Größtes Hindernis sei laut Schuster, dass Schulen keine freien Räume hätten.
Weitere Informationen bei Monika Schuster, 06232 102402, monika.schuster@bistum-speyer.de und Karin Kienle, 0631 3642007, kienle@ejpfalz.de.