Speyer (lk). Mit dem Ende der Frühjahrstagung 2025 zieht die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz eine zuversichtliche Bilanz. In vier intensiven Sitzungstagen wurden zehn Eckpunkte des landeskirchlichen Priorisierungsprozesses beraten. Deutlich wurde: Der Wandel betrifft nicht nur Strukturen – er ist Ausdruck eines kirchlichen Selbstverständnisses, das auf Zukunft und Wirksamkeit im Leben der Menschen ausgerichtet bleibt.
Die Synode hat konkrete Strukturreformen beschlossen: Die Zahl der Kirchenbezirke soll bis 2029 von derzeit 15 auf vier reduziert, Verwaltungseinheiten und Trägerstrukturen verschlankt werden. Auch die gesamtkirchliche Arbeit wird neu organisiert – künftig koordinieren agile Teams Projekte und Themen im engen Kontakt mit den Gemeinden. Die Sonderseelsorge – in Klinik, Gefängnis, Polizei und Notfall – erhält ein zukunftsfähiges Modell mit regionaler Steuerung und Ehrenamtsförderung.
Weniger Körperschaften – mehr Raum für Gemeindeleben
Die beschlossene Strukturreform bedeutet auch eine grundlegende rechtliche Neuausrichtung: Zukünftig sollen nur noch die vier neuen Kirchenbezirke und die Landeskirche Körperschaften des öffentlichen Rechts sein - mit hoheitlichen Aufgaben, Haushaltsführung und Verwaltungsverantwortung. Die einzelnen Kirchengemeinden erhalten stattdessen den Status kirchlicher Körperschaften – mit klar definierten Rechten, aber ohne die bisherigen juristischen und finanziellen Pflichten.
Was sich dadurch ändert: Die Ortskirchengemeinden bleiben geistlich und inhaltlich aktiv – mit eigenem Profil, gewählten Leitungsgremien und Verantwortung für das Gemeindeleben vor Ort. Sie leben Kirche im Alltag.
Was sich vereinfacht: Sie sind künftig von der Last komplexer Verwaltungsaufgaben entbunden. Finanzplanung, Gebäudeunterhalt, Anstellungsträgerschaft und rechtliche Verantwortung liegen künftig bei den übergeordneten Einheiten. Das schafft Freiräume: für Begegnung, Seelsorge und geistliche Kreativität.
Verwaltung und Kitas: Professionell und verlässlich
Eng verknüpft mit der Strukturreform sind Veränderungen in den Verwaltungseinheiten. Die künftige gemeinsame Kirchenverwaltung mit Regionalstellen soll professionell und effizient arbeiten – bei Personal, Finanzen, Kitas und Gebäuden. „Was wir hier verändern, ist keine Kleinigkeit“, sagte Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm. „Wir lösen Doppelstrukturen auf und schaffen eine professionelle, entlastende Verwaltung für die ganze Landeskirche.“
Ein besonderes Augenmerk gilt den Kindertagesstätten: Die bisherige Trägerschaft durch Kirchengemeinden bzw. Trägerverbünde wird schrittweise in eine gemeinsame Trägerschaft überführt. Ziel ist ein Höchstmaß an Effizienz, Professionalität und finanzieller Tragfähigkeit – bei gleichzeitigem Bekenntnis zur evangelischen Profilbildung. „Wir wollen weiterhin evangelische Kitas – aber wir müssen sie zukunftsfest machen“, betont Oberkirchenrat Markus Jäckle. „Die gemeinsame Trägerschaft ist ein notwendiger Schritt. Sie stärkt unsere Verantwortung vor Ort – ohne uns organisatorisch zu überfordern.“
Diakonische Nähe erhalten
Mit dem Eckpunktpapier zur Diakonie stellt sich die Landeskirche klar zur sozialraumorientierten Hilfe – mit regionalen „Häusern der Kirche und Diakonie“ als Anlaufstellen in den künftigen Kirchenbezirken. Digitale Angebote, mobile Beratung und neue Kooperationen sichern diakonisches Wirken für Menschen in Not auch unter veränderten Bedingungen.
Bildung, Schule und Pfarrhäuser: differenzierte Entscheidungen
Zustimmung erhielt auch das Eckpunktepapier zur schulischen Bildung. Der Religionsunterricht bleibt flächendeckend erhalten, Fortbildungen und Begleitung der Lehrkräfte werden neu aufgestellt. Unterstützungsstrukturen sollen schlanker, digitaler und zielgerichteter arbeiten.
Offen bleibt hingegen die Zukunft des Evangelischen Trifelsgymnasiums Annweiler (ETGA). Die Synode hat entschieden, die Trägerschaft nicht sofort aufzugeben, sondern ein weiteres Jahr für intensive Verhandlungen mit dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landkreis Südliche Weinstraße zu nutzen sowie mögliche zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu prüfen, um die Schule unter kirchlicher Trägerschaft weiterzuführen. Ziel bleibt die Kostenneutralität.
Auch die Entscheidung über die künftige Nutzung von Pfarrhäusern wurde vertagt. Der vorgelegte Vorschlag wurde an den Landeskirchenrat zur Überarbeitung zurückgegeben. Die Synode sprach sich jedoch klar für den Erhalt der Pfarrhäuser als wertvolle Ressourcen und Ausdruck kirchlicher Präsenz aus.
Gesamtkirchliche Arbeit: agiler, verlässlicher, näher dran
Die gesamtkirchliche Arbeit wird neu aufgestellt: Fachstellen und Arbeitsbereiche, die bisher verstreut und vielfach unabhängig voneinander agierten, werden künftig durch ein zentrales, agiles und multiprofessionelles Team koordiniert – abgestimmt auf den Bedarf in Gemeinden, Regionen und Fachbereichen.
Sonderseelsorge gesichert
Mit dem heutigen Beschluss sichert die Synode die Sonderseelsorge – durch zentrale Steuerung, Ehrenamtsförderung und klare Perspektiven. „Kirche bleibt da, wo Menschen uns brauchen – im Krankenhaus, im Gefängnis, bei der Polizei, am Unfallort“, so Oberkirchenrat Dr. Claus Müller.
Bericht der Kirchenpräsidentin: Hoffnung ist eine Haltung
Bereits zu Beginn der Synode hatte Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst in ihrem Bericht zur Lage von Kirche und Gesellschaft den Blick weit gespannt – von den Kriegen unserer Zeit über den digitalen Wandel bis zur Situation der Kirche vor Ort. Sie verband den biblischen Ruf zur Nachfolge mit dem Auftrag zur Verantwortung in Gegenwart und Zukunft. In bewegenden Worten sprach sie über Mut, Vertrauen und die Kraft gelebter Hoffnung. „Hoffnung ist keine Stimmung. Sie ist eine Haltung“, so Wüst. Sie lobte die Kraft des Gebets und das Engagement der Kirche in politischen und gesellschaftlichen Fragen ebenso wie die Offenheit für neue Formen, etwa in der digitalen Kommunikation.
Der Bericht fand in der späteren Aussprache breite Zustimmung. Die Synodalen würdigten ihn als klarsichtig, wegweisend und theologisch tief fundiert. Viele betonten, dass sich Kirche dort als lebendig erweise, wo sie Menschen ernst nimmt, Räume für Begegnung schafft und nicht müde wird, ihre Stimme zu erheben.
Gelebte Demokratie: Synode mit offener Streitkultur
Die Tagung war geprägt von einer offenen, respektvollen Debattenkultur. Unterschiedliche Perspektiven wurden ernst genommen, Argumente gehört und gewürdigt. Auch externe Beobachterinnen und Beobachter zeigten sich beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, mit der gerungen – und der Klarheit, mit der entschieden wurde.
„Es geht nicht darum, alles sofort zu regeln“, sagte Kirchenvizepräsidentin Marianne Wagner. „Aber es geht darum, Verantwortung nicht zu verschieben. Die Zukunft unserer Kirche wird nicht verwaltet, sie wird gestaltet – mit Herz, mit Kopf, mit Blick auf die Menschen.“
Dank an die Facharbeitsgruppen
Geduld und Ausdauer bewiesen die Mitglieder der sieben Facharbeitsgruppen nicht nur in der intensiven Phase der Erarbeitung der Eckpunktpapiere, sondern auch bis zur finalen Beschlussfassung. Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst sprach ihnen im Rahmen einer kleinen Feier am Freitagabend Dank und Anerkennung aus: „Sie haben sich so sehr investiert in einen Prozess, der für unsere Kirche nicht nur zukunftsweisend, sondern existentiell ist.“
Ausblick: Vom Beschluss zur Umsetzung – mit Respekt vor dem Weg
Mit dem Abschluss der Frühjahrstagung beginnt die Phase der Umsetzung: Gesetzesinitiativen, Beteiligungsformate und Rückkopplung mit den Regionen. Die nächste Tagung der Landessynode im Herbst 2025 wird erste Umsetzungsschritte beraten.
„Vor uns liegt ein weiter Weg“, sagt Oberkirchenrätin Karin Kessel. „Wir wissen um die Herausforderungen, aber auch um das Vertrauen, das uns übertragen wurde. Wir nehmen diese Verantwortung gemeinsam an – Schritt für Schritt, mit klarem Blick und offenem Ohr.“
Die nächste Tagung der Landessynode findet vom 20. bis 22. November 2025 im Technik-Museum in Speyer statt.
Speyer, 24. Mai 2025