Den Alltag hinter sich lassen, sich selbst neu erfahren: Urlaub tut einfach gut. Kinder und Jugendliche erleben genau das durch Freizeiten in den Ferien.

Den Alltag hinter sich lassen, sich selbst neu erfahren: Urlaub tut einfach gut. Kinder und Jugendliche erleben genau das durch Freizeiten in den Ferien.

Auf der Nachtwanderung war es ziemlich dunkel und ein bisschen gruslig, erzählen Mia und ihre Freundinnen. So ist das eben, wenn man keine Taschenlampen benutzen darf. Der nächtliche Spaziergang durch den Wald am ersten Abend ist nur ein Höhepunkt der Freizeit "Detektive in Action" der Jugendzentrale Bad Dürkheim. Auf dem Programm stehen außerdem ein Ausflug ins Schwimmbad, ein Kino-Abend und natürlich ein Lagerfeuer, an dem die Kinder Stockbrot in die Glut halten. Daneben gibt es Spiele rund um das Thema "Detektive", die Teilnehmenden singen, basteln und essen zusammen.

Die 17 Mädchen und Jungen beschäftigen sich im Gemeindehaus Leistadt auch mit der Bibelgeschichte über Zachäus, unter anderem in einem Video-Workshop. Sieben Freizeit-Kids spielen sie nach, Jugendreferent Klaus-Dieter "Fritzi" Fritz filmt. Felix schlüpft in ein buntes, weites Gewand und damit in die Rolle von Zachäus, der seinen Mitmenschen an der Zollstelle viel zu viel Geld abknöpft. Jesus trägt Weiß, eine Mütze mit Leoparden-Muster, eine Kette mit großem Kreuz. Jesus ist ein Mädchen und heißt eigentlich Leonie. Ella setzt den Detektiv-Hut auf. Mila, Mia, Paula und Valentina sind Diener, meckernde Pharisäer und eine – zugegeben kleine – Menschenmenge. Schon das Verkleiden macht ihnen Spaß.

Zwischen Mittelalter und Mittelmeer

Es ist schwer, die ganze Bandbreite evangelischer Freizeiten zu fassen. Die "Detektive in Action" gehören zu den mehr als 30 Angeboten – allein in den Sommerferien. Der Bogen spannt sich von Ferien auf einem Bio-Bauernhof über Tage auf einer Burg bis zu verschiedenen Zeltlagern. Kinder können Zirkusnummern einüben, den Wald erkunden oder eine Zeitreise ins Mittelalter unternehmen. Jugendliche und junge Erwachsene dürfen Segeln lernen, im Songwriting-Camp am eigenen Lied feilen, klettern und Kanu fahren in Frankreich, Berge und Seen am Dachstein in Österreich erleben oder in einem Baucamp in Brandenburg ein Jugendzentrum unterstützen.

Manche Angebote finden an nur einem Nachmittag statt, andere erstrecken sich über mehr als eine Woche. In Bad Dürkheim-Leistadt sind die Sieben- bis Zwölfjährigen vier Tage im Gemeindehaus zusammen. Übernachtet wird in Schlafsäcken auf Isomatten.

Auch die Anzahl aller Beteiligten ist immens. Allein das Landesjugendpfarramt zählt bei seinen sieben Sommer-Freizeiten 220 Teilnehmende und 30 Betreuende. Die 17 Leistadter Detektive werden von zwei Hauptamtlichen und vier Ehrenamtlichen betreut. Organisiert werden die Freizeiten neben dem Landesjugendpfarramt von den Jugendzentralen in den Kirchenbezirken, Kirchengemeinden, freien evangelischen Jugendverbänden oder Gemeindepädagogischen Diensten.

Wertvoll und sinnstiftend

"Kinder- und Jugendfreizeiten sind ein Juwel unserer evangelischen Kinder- und Jugendarbeit", schwärmt Michael Borger. Er ist beim Landesjugendpfarramt Referent für Freizeiten. Dort erleben die jungen Menschen Spiel, Spaß und Entspannung unter Gleichaltrigen. "Das ist ein Wert an sich, Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf", betont Borger. Während der Corona-Pandemie sei dies besonders deutlich geworden.

"Heranwachsende brauchen psychische Widerstandkraft – heute mehr denn je. Unsere Freizeiten sind wie geschaffen, diese Widerstandskraft zu stärken", sagt er. Denn Freizeiten würden den Rahmen bieten, sich selbst abseits des Alltags noch mal neu kennenzulernen und die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

Auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe sei wichtig, teilzuhaben an etwas Gemeinsamen und Selbstwirksamkeit zu erfahren, erklärt Michael Borger. Die jungen Menschen sollen auf den Freizeiten lernen, "dass ihre Meinung und ihr Wort zählen, dass sie etwas verändern können in Kirche und Gesellschaft".

Die Stimme der Kinder ist auch beim Video-Workshop in Leistadt gefragt. Vor jeder Szene überlegen die Kids mit "Fritzi", wer was sagt und wie sie die Geschichte am besten darstellen. Gemeinsam findet die Gruppe Lösungen, mal ganz schnell, mal ist alles erst nach dem zweiten oder dritten Anlauf "rund".

Beliebt und offen für alle

Evangelische Freizeiten sollen Sinn stiften, der religiöse Zugang sei dabei ein Angebot, sagt Borger. Die Freizeiten der Kirche stehen allen offen, man muss nicht Kirchenmitglied sein. Bei Freizeiten der Bad Dürkheimer Jugendzentrale betreute Klaus-Dieter Fritz unter anderem muslimische und jüdische Kinder. Religionszugehörigkeit werde nicht abgefragt, "wir bekommen es eher zufällig mit", sagt er.

Fast die Hälfte der Kids in Leistadt ist schon mindestens das zweite Mal dabei. Die Freizeiten der evangelischen Kirche kommen gut an. Teilnehmende dürfen die Angebote bewerten. "Dabei liegen die Gesamtnoten immer bei 1,4 bis 1,5 auf der Schulnotenskala", verweist Michael Borger stolz auf die Ergebnisse. Was gut ankommt, wird stark nachgefragt. Wer eine Freizeit in den Herbstferien sucht, sollte sich beeilen. Einige Angebote sind bereits ausgebucht.

Autorin: Yvette Wagner

In zwei Stunden ist "Zachäus" im Kasten: "Fritzi" und seine Workshop-Kids. Foto: lk/Wagner

In zwei Stunden ist "Zachäus" im Kasten: "Fritzi" und seine Workshop-Kids. Foto: lk/Wagner

Zollstelle im Schlafraum: Felix alias Zachäus (rechts) treibt Geld ein. Foto: lk/Wagner

Zollstelle im Schlafraum: Felix alias Zachäus (rechts) treibt Geld ein. Foto: lk/Wagner

Allein in den Sommerferien heißen über 30 Freizeiten Kinder und Jugendliche willkommen. Foto: lk/Wagner

Allein in den Sommerferien heißen über 30 Freizeiten Kinder und Jugendliche willkommen. Foto: lk/Wagner

Freizeiten führen auch auf wackligen Untergrund. Foto: Landesjugendpfarramt

Freizeiten führen auch auf wackligen Untergrund. Foto: Landesjugendpfarramt

Zusammenhalt: Auf Freizeiten erleben junge Menschen sich selbst als Teil einer starken Gemeinschaft. Foto: Landesjugendpfarramt

Zusammenhalt: Auf Freizeiten erleben junge Menschen sich selbst als Teil einer starken Gemeinschaft. Foto: Landesjugendpfarramt