„Ich wollte zeigen, dass der Pfarrer auch nur ein Mensch ist“, sagt Philipp Loos, der aus Quirnbach stammt und seit vergangenem Jahr Pfarrer von Waldfischbach-Burgalben und Donsieders in der Südwestpfalz ist. Deshalb gewährt er in der ARD-Doku-Serie „Raus aufs Land“ ganz offen Einblicke in seinen Alltag.
Ein Pfarrer in Eile, ein Pfarrer, der mit moderner Technik kämpft, der zum ersten Mal ein Ehepaar traut, der am Grill steht und beim Friseur sitzt – all das ist in der neuen Staffel der ARD-Doku-Serie „Raus aufs Land“ zu sehen. Mit dabei ist Philipp Loos, Pfarrer von Waldfischbach-Burgalben. Was es bedeutet, einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu werden, hat er erfahren, als er zum Start der vierten Staffel der ARD-Doku zur SWR-Sendung „Kaffee oder Tee“ eingeladen war. „Dort habe ich selbst auch die ersten Ausschnitte der Doku gesehen“, erzählt der Pfarrer. Im Nachgang zu seinem Fernsehauftritt seien die Zugriffszahlen auf seine Social-Media-Kanäle deutlich gestiegen. Es habe familiäre Reaktionen gegeben, und „es melden sich Leute, die ich länger nicht gesehen habe“. Auch eine Kommilitonin aus Heidelberger Studienzeiten, die wieder in ihrer Heimat Südkorea lebt, hat sich gemeldet. „Das war natürlich toll“, sagt Loos.
Die Entscheidung, eine derart öffentliche Person zu werden, hat sich der 38-Jährige nicht leicht gemacht. Über die Landeskirche war die Anfrage gekommen, ob er sich vorstellen könne, bei der Dokumentation mitzumachen. Der Umzug nach Waldfischbach-Burgalben, wo er im vergangenen März seine erste Pfarrstelle angetreten hat, stand bevor. Dass er als ehemaliger IT-Fachmann eine Stelle in einer ländlichen Region antreten würde, passte dramaturgisch sehr gut in das Konzept des Formates. Die Sendereihe begleitet – mittlerweile in der vierten Staffel – Menschen, die aufs Land ziehen.
Nachdem seine Frau Jenny zugestimmt hatte, sagte Loos nach reiflicher Überlegung zu, ohne zu wissen, was das genau bedeutet. Abgestimmt war aber, dass die beiden Kinder nicht im Fokus stehen sollten. Von April bis September war das Fernsehteam bei verschiedenen Anlässen dabei. Acht Drehtermine gab es. Als er sich erstmals selbst auf dem Bildschirm sah, „war es sehr merkwürdig, meine eigene Stimme zu hören“, sagt er und lacht: „Ich dachte, ich höre mich genauso an wie mein Cousin.“
Für Loos liegt die Zukunft der Kirche darin, eine offene Kirche zu sein, die die Bedürfnisse der Menschen kennt und im Leben der Menschen einen Platz hat. „Ich will ein Pfarrer für alle sein“, sagt Loos – auch wenn er es nicht jedem Recht machen könne. Ein entscheidender Grund mitzumachen, sei gewesen, „dass die Leute sehen sollen, dass der Pfarrer auch nur ein Mensch ist“. Der Pfarrer als Mensch, da denken Ältere auch schon mal an die Fernsehserie „Oh Gott, Herr Pfarrer“. „Darauf wurde ich mehrfach angesprochen“, berichtet Loos. Die Serie aus den 1980er Jahren zeigte eine fiktive Geschichte.
Nun gewährt Loos einen Einblick in den Berufs- und Familienalltag eines realen Pfarrers, zum Beispiel beim Friseurbesuch. Der Aufenthalt im Friseurgeschäft in der Gaustraße in Kaiserslautern sei für ihn eine kleine Auszeit. Entspannt plaudert er mit dem Betreiber, während dieser den Bart und die Haare des Pfarrers stutzt. „Über Gott und die Welt“ werde geredet. Fünf-, sechsmal musste er beim Dreh in den Laden gehen, bevor er sich auf den Stuhl setzen durfte, überschlägt er. „Zu sehen ist die Szene, wie ich reinkomme, nicht. Wahrscheinlich, weil die zu gespielt war“, sagt Loos und lacht.
Zum Besuch seines Stammfriseurs während der Dreharbeiten brachte Loos ein besonderer Anlass: seine Ordination am Pfingstmontag in der voll besetzten Kirche in Waldfischbach-Burgalben. Dass die Dreharbeiten Zeit in Anspruch nehmen, die an anderer Stelle fehlt, zeigte sich an diesem Tag: Im Talar sprintete Loos die Strecke zwischen Pfarrhaus und Kirche zurück. Das Fernsehteam hatte noch zu Hause mit ihm gedreht, dann wurde die Zeit knapp. Normalerweise fahre der Pfarrer auch nicht im Talar Auto, verweist Loos auf eine Szene in der Dokumentation. Weil zwischen zwei Terminen noch gefilmt wurde, wurde die Zeit knapp und der Pfarrer entschied, in seiner Arbeitskleidung zum nächsten Termin zu fahren.
Die Drehtage „waren schon anstrengend“, bekennt Loos. Dass eine Kamera dabei war, sei selbstverständlicher, aber nie ganz selbstverständlich geworden. Währenddessen habe er gemerkt, in welche Richtung der Sender seine Geschichte erzählen wollte: „Der junge Pfarrer, der sich bemüht, die Kirche wieder zu füllen.“ In der Doku ist ein Gottesdienst zu sehen, in dem gerade mal drei Besucher sind. Das sei so gewesen, aber was nicht gezeigt werde, sei, dass anschließend ein weiterer Gottesdienst stattfand, „der sehr gut besucht war“, sagt Loos.
Er würde nochmal in einer Doku mitmachen. An der ein oder anderen Stelle würde er sich dann aber mehr Mitsprache wünschen, denn mancher Szene fehle unter anderem der Zusammenhang. Besondere Momente wie seine Ordination und seine erste Trauung sind im Film festgehalten. Den Pfarrer als Mensch zu zeigen, sei gelungen, findet Loos. Auch wenn nun möglicherweise doch der ein oder andere Zuschauer nach dem Ansehen sage: „Oh Gott, Herr Pfarrer.“
INFO
Die vierte Staffel der siebenteiligen Doku-Serie „Raus aufs Land“ ist in der ARD-Mediathek abrufbar. Der Alltag von Pfarrer Philipp Loos und seiner Familie, beginnend mit dem Einzug ins Pfarrhaus in Waldfischbach-Burgalben, ist in den Folgen zwei, vier, fünf und sechs mitzuerleben.
Von Andrea Daum
Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.