Speyer. (lk). Ein starkes Zeichen für medienethische Verantwortung und kritische Selbstreflexion: Am 17. und 18. Juni 2025 machen die Südwestdeutschen Medientage die Pfalz erneut zum Zentrum einer lebendigen Diskussionskultur. In Landau und auf dem Hambacher Schloss geht es um Tabus – und die Frage, wie Medien, Politik und Gesellschaft mit ihnen umgehen. Die Evangelische Kirche der Pfalz ist Partner der Südwestdeutschen Medientage.
Pfälzische Plattform für Debatte und Dialog
In einer Zeit, in der sich gesellschaftliche Werte rasant wandeln und zugleich wieder stärker umkämpft sind, bieten die Südwestdeutschen Medientage ein hochkarätig besetztes Forum für die kritische Auseinandersetzung mit medienethischen und -politischen Fragen. Die Evangelische Akademie der Pfalz versammelt gemeinsam mit Partnern aus Medien, Wissenschaft und Politik Debattenbeiträge, die über den Tag hinauswirken – und das in einer Region, die für demokratische Tradition und publizistische Lebendigkeit steht: der Pfalz. Kooperationspartner der Evangelischen Akademie der Pfalz sind neben der Landeskirche unter anderem der Südwestrundfunk, die Rheinpfalz, der Mannheimer Morgen, das Journalistische Seminar der Universität Mainz und die Medienanstalt Rheinland-Pfalz.
Tabus als Spiegel gesellschaftlicher Identität
Dass moderne, freiheitsliebende Gesellschaften des 21. Jahrhunderts ohne Tabus auskämen, ist eine Illusion. Im Gegenteil: Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder die Verherrlichung von Gewalt unterliegen heute bewusst gesetzten gesellschaftlichen Grenzen. Tabus markieren, was uns heilig ist – und was keinesfalls gesagt, getan oder hingenommen werden darf.
Gleichzeitig erleben wir, wie sich ehemals private Sphären im Social-Media-Zeitalter nahezu geräuschlos auflösen – und andere Tabus öffentlich verhandelt oder sogar strategisch gebrochen werden: zur Provokation, zur Polarisierung, zur Selbstinszenierung.
Das zeigt: Der Umgang mit Tabus ist immer auch ein Gradmesser für gesellschaftliche Reife und mediale Verantwortung.
Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, seit Kurzem Aufsichtsratsvorsitzende des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), betont: Was eine Gesellschaft zusammenhält, zeigt sich nicht nur in den Freiheitsräumen, sondern auch in den Grenzen des Sagbaren und Machbaren, die sie setzt. Was tabu ist, muss im Rahmen einer freiheitlichen Kultur immer wieder neu bewertet und ausgehandelt werden. Medien, Kirche und Politik sind hier gemeinsam gefragt.“
Zwischen gesellschaftlichem Konsens und öffentlicher Empörung
Den Auftakt der Medientage bildet am 17. Juni ein interaktives Brainstorming unter dem Titel „Da hört’s bei mir auf!“, gefolgt von einer philosophischen Reflexion über den Sinn und Unsinn von Tabus.
Am Nachmittag steht ein sensibles Thema auf dem Programm: „Über Israel reden“, mit Beiträgen von Karsten Kammholz (Mannheimer Morgen), der Künstlerin Elfriede Müller und dem Fotografen Luigi Toscano.
Am Abend geht es im SWR Demokratieforum auf dem Hambacher Schloss um „Tabus in unserer Gesellschaft – zwischen Moral, Macht und Medien“. Es diskutieren unter anderem die Autorin Mo Asumang, Bischof Dr. Peter Kohlgraf und der Journalist Dr. Ronen Steinke – moderiert von Michel Friedman.
Wie Medien mit Grenzen umgehen – und wer sie verschiebt
Der zweite Veranstaltungstag am 18. Juni beleuchtet Strategien im Umgang mit gezielten Tabubrüchen in Medien und sozialen Netzwerken. Martin Fehrensen (Social Media Watchblog) und Prof. Dr. Melani Schröter (University of Reading) analysieren Mechanismen zwischen Skandalisierung und notwendiger Konfrontation.
In verschiedenen Themengruppen geht es u. a. um Extremismus im Netz, Gedenkkultur und den Umgang mit Hassbotschaften in Redaktionen. Besonders eindrücklich dürfte der Vortrag „Heul doch!“ von Prof. Dr. Josef Aldenhoff werden – über das gesellschaftliche Tabu des Scheiterns.
Ein Ort für klare Gedanken in unruhigen Zeiten
Die Südwestdeutschen Medientage zeigen erneut: Die Pfalz ist nicht nur historischer Ort demokratischer Bewegungen, sondern auch Gegenwartsraum kritischer Öffentlichkeit.
„Tabus zeigen uns nicht nur Grenzen auf – sie fordern und dazu auf, unsere Werte zu reflektieren. Diese Veranstaltung bringt Menschen zusammen, die bereit sind, sich den unbequemen Fragen unserer Zeit zu stellen, denn wer heute Verantwortung trägt – ob in Medien, Kirche oder Politik – muss das Unbequeme nicht nur aushalten, sondern zum Thema machen. Genau das leisten die Medientage. Sie bieten einen Ort, an dem Tabus nicht verschwiegen, sondern verantwortungsvoll verhandelt werden.“
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