In Zeiten des globalen Klimawandels und des damit verbundenen Temperaturanstiegs suchen Menschen im Sommer verstärkt nach kühlen Plätzen. Immer mehr protestantische Gemeinden im Bereich der pfälzischen Landeskirche öffnen deshalb ihre Tore.

Von Uwe Rauschelbach

Urlauber*innen in südlichen Regionen kennen das: Wenn bei der Stadtbesichtigung die Temperaturen steigen, kann eine Kirche regelrecht zur Zufluchtsstätte werden. Meist umgeben von dicken Mauern, lässt es sich an diesem Ort aushalten, der in der Regel kühler ist als draußen in der Gluthitze. Selbst wer mit Kirche nichts am Hut hat, stellt auf einmal fest, dass man in einem Gotteshaus innerlich wie äußerlich auftanken kann. Auch in unserer Region reagieren Kirchengemeinden auf den Klimawandel. Im Bereich der pfälzischen Landeskirche haben sich mehrere protestantische Gemeinden dazu entschlossen, ihre Kirchen zu öffnen, um Menschen bei Hitze einen Raum zum Erholen anzubieten.

In Haßloch lädt der Chorraum der 1350 gebauten protestantischen Kirche – es ist der älteste Ort in der Stadt – zum Verweilen ein, wenn draußen die Sonne brennt und der Schweiß rinnt. Ellen Löwer, Vorsitzende des Presbyteriums, hat eine entsprechende Initiative in den Kirchenvorstand eingebracht, nach dem auch der örtliche Gemeinderat über Möglichkeiten beraten hat, wie auf den Klimawandel reagiert werden kann, etwa mit einer großzügigeren Begrünung. Bei Temperaturen über 30 Grad wird die zentral in Haßloch gelegene Kirche geöffnet. Im Chorraum steht eine Mini-Teeküche mit Kühlschrank für Getränke bereit. Auf diese Weise wird die Kirche zum „Raum der Begegnung“, wie Ellen Löwer erläutert. Zuweilen ergäben sich mit den Besucher*innen Gespräche „über Gott und die Welt“. Ein vierköpfiges Team wechselt sich mit der Betreuung ab, die immer nur stundenweise gewährleistet werden kann. Dass es gerade in geöffneten Kirchen hin und wieder zu vandalistischen Tätigkeiten kommt, ist ein Risiko, weiß Löwer. Doch sie sagt: „Wir hoffen auf das Gute im Menschen.“

Auch in Katzweiler hat das Presbyterium beschlossen, die Kirche zur Abkühlung zu öffnen. Das Angebot wurde in den elektronischen Netzwerken veröffentlicht und im Gottesdienst abgekündigt. Die Resonanz hierauf sei durchaus positiv gewesen, meint Daniel Wetz vom Presbyterium. Allerdings sei an den Tagen, an denen die Kirche geöffnet gewesen sei, kein Besuch gekommen. Vielleicht, so vermutet er, sei es noch nicht heiß genug gewesen. Deshalb werde die Kirchengemeinde Katzweiler die Türen ihres Gotteshauses erst ab einer Außentemperatur von 35 Grad öffnen. Auch hier steht dann Trinkwasser bereit.

Kühle Getränke gehören in der Radwegekirche Gommersheim, die am Kraut-und-Rüben-Radweg sowie am Radweg Vom Rhein zum Wein liegt, schon seit jeher zum Standard. Hier machen vor allem Radsportler und -wanderer Halt, um ihr Fahrrad an der E-Bike-Ladestation aufzuladen. Es gibt auch Flickzeug bei kleineren Pannen sowie Pflaster, um Wunden zu versorgen. Pfarrerin Ute Stoll-Rummel sagt: „Bei uns ist immer Wasser da“, nicht nur an Hitzetagen. Die Pfarrerin hat außerdem beobachtet, dass Menschen nach einem Friedhofsbesuch oder einer Bestattung gerne ein wenig in der Kirche verweilen. Ist Ute Stoll-Rummel gerade da, kann sich daraus ein Trauergespräch ergeben.

So oder so erlangen die „coolen Kirchen“ bei ansteigenden Durchschnittstemperaturen auf einmal eine Bedeutung, die sie in den zurückliegenden Jahren so nicht hatten – und die einen neuen Aspekt ins Spiel bringt, was die Zukunft von Gotteshäusern betrifft. Manche Kirchen müssen gegenüber dem Klimawandel freilich passen. So ist die protestantische Kirche im Ludwigshafener Stadtteil Edigheim zwar freitags von 10 bis 12 Uhr für Besucher*innen geöffnet, „aber nicht als kühler Ort“, wie Pfarrer Manfred Ferdinand anmerkt, denn „unsere Kirche heizt zurzeit bis 30 Grad auf“.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

Halten mit ihren dicken Mauern die Gluthitze draußen: Kirchen als Zufluchtsort im Sommer. Foto: lk/view