Pfarrer Friedhelm Borggrefe hat maßgeblich den Ost-West-Dialog der Landeskirche mitgestaltet: Am 21. Dezember feiert der Ludwigshafener Altdekan seinen 95. Geburtstag. Einen Tag vorher begeht er mit seiner Frau Charlotte seinen 70. Hochzeitstag.
Der Dialog und das Thema Versöhnung ziehen sich durch Friedhelm Borggrefes Leben. „Mich hat immer interessiert, wo sich Brücken bauen lassen“, sagt er. Dabei will sich Borggrefe nicht als Vermittler verstanden wissen, sondern als ein Zwischen-Mensch. „Meine Position ist zwischen gegensätzlichen Menschen“, erklärt er. „Ich versuche, sie miteinander ins Gespräch zu bringen.“
Tief geprägt haben ihn die NS- und Nachkriegszeit. Friedhelm Borggrefe wurde am 21. Dezember 1929 in Düsseldorf als ältestes von acht Kindern geboren. Während des Zweiten Weltkriegs zog die Familie nach Oberschlesien. Das Kriegsende erlebten sie nicht als Befreiung, sondern als Zusammenbruch. „Wir haben alles verloren“, sagt er. Neun Monate lang dauerte die Flucht zurück nach Düsseldorf. Der Wiederbeginn in der Heimat war sehr schwer. Ein Lichtblick ergab sich 1947, als der junge Friedhelm einen Gemeindepfarrer kennenlernte, der ihn in die Kirche einlud.
„Kirche ein Potenzial von Versöhnung“
Damals erkannte Borggrefe: „Das deutsche Volk kommt mit seinem Nationalismus nicht in die Zukunft. Kirche bietet ein Potenzial von Versöhnung. Daran will ich arbeiten.“ Er begann Evangelische Theologie zu studieren. Im kirchlichen Umfeld lernte er die Bergmannstochter Charlotte kennen und lieben. 1954 sagte das Paar Ja zueinander – und Friedhelm Borggrefe damit Nein zu einem Examen und einer Zukunft in der Heimatkirche. Heiraten durften nämlich nur Männer, die im Krieg dienten. Charlotte und Friedhelm Borggrefe kamen so in die Pfalz.
Nach dem Vikariat in Landstuhl leitete Borggrefe ein Schülerheim in Landau. Anschließend wurde er Gemeindepfarrer in Landau-Mörzheim und 1965 an der Ludwigshafener Friedenskirche. Hier erlebte das Paar eine intensive Arbeit mit den damals 7000 Gemeindemitgliedern. „In Ludwigshafen haben wir die Ärmel hochgekrempelt“, sagt Charlotte Borggrefe.
Mitbegründer der Sozialstation
Das Pfarrhaus stand immer offen, Gäste aus aller Welt gingen ein und aus. Charlotte Borggrefe hielt ihrem Mann nicht nur den Rücken frei, sie unterstützte seine Arbeit tatkräftig und leitete verschiedene Gruppen. 1978 wurde Friedhelm Borggrefe Dekan des Kirchenbezirks Ludwigshafen. In der Stadt hat er entscheidende Akzente gesetzt, die bis heute wirken: Er ist Mitbegründer der Ökumenischen Sozialstation, der Suppenküche an der Apostelkirche und hat den Lutherbrunnen auf dem Lutherplatz mit auf den Weg gebracht.
Friedhelm Borggrefe sagt, was er denkt – damals wie heute. Damit eckt er bewusst an. Lange Diskussionen hat zum Beispiel eine Studie zu Armut in Ludwigshafen ausgelöst, deren Mitautor Borggrefe war. Doch er hat immer das Gespräch gesucht. 1998 ernannte die Stadt Ludwigshafen Borggrefe zum Ehrenbürger.
Wort zum Sonntag gesprochen
Mit zahlreichen Kontakten und Reisen hat Borggrefe den Ost-West-Dialog mitgestaltet. Er hielt Vorlesungen an Universitäten in Zagreb, Prag und Budapest, wo er Ehrendoktor ist. Lange Zeit war Friedhelm Borggrefe Vorsitzender der pfälzischen Gruppe des Gustav-Adolf-Werks. Als Hörfunk- und Fernsehpfarrer hat er unter anderem „Das Wort zum Sonntag“ gesprochen. 1995 schied er aus dem Arbeitsleben aus. Borggrefe nahm weiter Pfarraufgaben wahr und recherchierte und veröffentlichte Schriften. Die Partnerschaft zwischen der pfälzischen Landeskirche und der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien brachte er maßgeblich voran.
Inzwischen haben sich Charlotte und Friedhelm Borggrefe zurückgezogen, um mehr für sich und die Familie da zu sein. Beide sind stolz auf ihre drei Kinder und fünf Enkeltöchter. Zum Geburtstag wünscht sich der Jubilar keinen Wein, keine Bücher, sondern Spenden für die Sanierung des Lutherbrunnens.
Spenden an DE26 3506 0190 6831 2060 10, Verwendungszweck Lutherbrunnen
Text: Yvette Wagner