Südwestdeutsche Medientage / Kirche und Kommunikation 

Authentisch über den Glauben sprechen

Im Gespräch (v. links): Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, Journalist Andreas Ganter und Lilith Becker vom Content-Netzwerk Yeet. Foto: Norman Krauß

Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst befürwortet die vorsichtige Nutzung von sozialen Medien durch die evangelische Kirche. Die Kirche als „eine Kommunikationsorganisation, die zu den Menschen hingeht, muss wissen, wo sie sind“, sagte Wüst bei einer Diskussion zum Thema „Emotionen in der kirchlichen Kommunikation“ bei den Südwestdeutschen Medientagen in Landau.

Digitale Plattformen genau prüfen

Die Kirche müsse allerdings vor einer Nutzung digitale Plattformen genau prüfen: „Wir müssen es gut und verantwortlich machen“, sagte sie mit Blick auf die Plattform TikTok beispielsweise. Dessen Betreiber ist das chinesische Technologieunternehmen ByteDance, das letztlich de facto durch den chinesischen Staat kontrolliert wird.

Die Kirche sollte nicht versuchen, „permanent Gefühlsgeschichten“, zu erzählen, sondern mit den Menschen sachlich kommunizieren, sagte Wüst. „Es geht mir nicht in erster Linie darum, Schlagzeilen zu machen. Das wäre zu billig“, sagte die Kirchenpräsidentin. Wenn Christinnen und Christen aber authentisch über ihren Glauben sprächen, könnten auch Kirchendistanzierte oder Kirchenmitglieder, die auf dem Absprung sind, erreicht werden.

Soziale Medien nicht überschätzen

Mediale Kritik an Fehlern oder Missständen in der Kirche sei legitim: „Ich stehe zu jeder negativen Schlagzeile, wenn wir als Kirche Mist bauen“, sagte Wüst. Aber Kritiker sollten nicht „Haare aus der Suppe suchen“, um die Kirche vorzuführen.

Wüst mahnte auch, als Kirche die Chancen sozialer Medien nicht zu überschätzen. Kirchenvertreter „lügen sich in die Tasche“, wenn sie glaubten, ein verstärktes digitales Engagement sei „die Rettung“, sagte Wüst. Der Protestantismus spreche Emotionen auch „ganz analog“ an, sagte Wüst und nannte beispielhaft Psalmen, Lieder, Fürbitten, den Segen oder Taufen.

Menschen auf dem Absprung erreichen

Lilith Becker, Leiterin des Content-Netzwerks Yeet beim Gemeinschaftswerk für Evangelische Publizistik betonte in der Diskussion mit der Kirchenpräsidentin die Notwendigkeit von Gefühlen beim Erzählen von Geschichten. 85 Prozent der Yeet-Nutzer hätten eine kirchliche Sozialisation. Mit „Hoffnungsgeschichten, die glücklich machen“ würden Leute angesprochen, „die auf dem Absprung sind und dann sehen, dass wir doch interessant sind als Kirche“.

Bei den Südwestdeutschen Medientagen im Landauer protestantischen Bildungszentrum Butenschoen-Haus diskutierten Journalisten, Politiker, Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche und Gesellschaft zwei Tage lang darüber, ob die „Macht der Gefühle“ der Demokratie schadet oder ob sie auch eine Ressource ist. Veranstalter war die Evangelische Akademie der Pfalz mit mehreren Kooperationspartnern.