Aus dem Evangelischen Kirchenboten 

Anker zuwerfen in der Krise

Vor der Ebernburger Kirche: Die Religionslehrerinnen und -lehrer mit Kirchenrat Thomas Niederberger (ganz rechts) sowie Sandra Stolz und Rainer Huy (hintere Reihe, Zweite und Dritter von links). Foto: Löffel

13 Religionslehrerinnen und zwei Religionslehrer haben in einem Gottesdienst in der evangelischen Johanniskirche in Ebernburg ihre Vocatio erhalten. Damit sind sie endgültig bevollmächtigt, evangelischen Religionsunterricht zu erteilen.

Ebernburg. In dem Gottesdienst ging Kirchenrat Thomas Niederberger auf das Gleichnis vom verlorenen Sohn ein. Die Lehrerinnen und Lehrer hatten es in den Mittelpunkt gestellt. Die Schule trainiere, zielgerichtete Wege zu gehen, so Niederberger. Allerdings seien Lebenswege im Gegensatz dazu manchmal "wirr und anders". Religionslehrerinnen und -lehrer würden als Spezialistinnen und Spezialisten für Lebenswege angesehen, weil das Leben "als Ganzes" Platz im Unterricht habe. Es gelte, die Sensibilität dafür in der "Lernfabrik Schule" zu erhalten.

Während Schulstoff didaktisch reduziert werden müsse, "dürfen wir beim Leben nichts reduzieren", so Niederberger. Dies gelte insbesondere mit dem Blick auf Krisen, die in den letzten Jahren zugenommen hätten. Schülern in bitteren Lebenssituationen einen Anker zuzuwerfen, Auswege zu zeigen, sei "ein Qualitätskriterium in unserem Beruf", so Niederberger. "Wenn wir das können, hat sich die Ausbildung gelohnt."

Den dunklen Seiten des Lebens neben "Schönwetter-Themen" Platz einzuräumen, gehöre unbedingt dazu. Manchmal genüge es, sie einfach nur zu teilen. "Was will man im Angesicht des Kriegs auch machen?" Das bedeute nicht, dass es nicht auch die feierlichen Momente geben dürfe, das Zutrauen in Gott.

Niederberger beglückwünschte die Lehrerinnen und Lehrer nicht nur inhaltlich zu ihrer Berufswahl. "Fast in allen Schularten gibt es einen Mangel an Religionskräften", sagte er.

In einer dreitägigen Fortbildung in der Evangelischen Familienferien- und Bildungsstätte Ebernburg hatten ihnen zuvor Rainer Huy, Leiter des Religionspädagogischen Zentrums (RPZ) in Speyer, und Sandra Stolz, Leiterin des RPZ Kusel, religionspädagogische Praxis vermittelt. So zeigte Stolz etwa die Methode "Godly Play" an der Geschichte der Kindersegnung Jesu oder das Legen von Bodenbildern zum Einzug Jesu in Jerusalem. Huy gab den Lehrerinnen und Lehrern einen Unterrichtsentwurf zur Geschichte Daniels in der Löwengrube mit auf den Weg. Außerdem diskutierten die Teilnehmer Inhalt und Sprache des Glaubensbekenntnisses und bereiteten den Gottesdienst gemeinsam vor.

In einer Abschlussrunde nach der Verleihung der Urkunden bedankten sich die Lehrerinnen und Lehrer für die Fortbildung. Gleichzeitig bemängelten sie, dass beim Lehramtsstudium an den Universitäten zwar Wert auf fachliche Tiefe gelegt werde, angehende Lehrkräfte aber bis zum Referendariat keine praktischen Anleitungen auf ihrem Weg bekämen. Auch in den verpflichtenden zwölf Wochen Schulpraktika sei es keinesfalls sicher, dass Religionsstunden besucht werden könnten, erklärten etliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung.

Was von ihnen erwartet werde als Religionslehrkräfte sei aber innerhalb der Schulen oft unklar. Fachleiterinnen und Fachleiter für Religion bezögen hier wenig Position zum Inhalt. Was praktische Tipps angehe, werde vor allem auf die RPZ der Landeskirche verwiesen. Huy bestätigte diese Entwicklung: "Wir werden überrannt." (flor)

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