Aus dem Evangelischen Kirchenboten 

Angst ist kein gutes Zukunftsprogramm

Großes Interesse beim Fachtag „Kirchliche Gebäude 2023 – Räume für morgen“ Foto: Reiner Voß/view

Die Evangelische Kirche der Pfalz will die Kosten durch Gebäude erheblich senken und die Räume klimaneutral bewirtschaften. Wie das gelingen kann, zeigte der Fachtag „Kirchliche Gebäude 2023 – Räume für morgen“ in Kaiserslautern.

Speyer.  Weniger Kosten für Heizung, Strom und Gebäudeunterhalt, ein geringerer CO2-Ausstoß und multifunktionale Kirchen – wie Kirchen und Gemeindezentren zukunftsfest gemacht werden können, stand bei einem Fachtag zur Gestaltung von kirchlichen Räumen in der Alten Eintracht Kaiserslautern im Mittelpunkt. Vertreterinnen und Vertreter aus elf Kirchengemeinden stellten den mehr als 120 Teilnehmenden ihre Ideen vor.

„Die Teilnehmerzahl macht deutlich, dass es ein hohes Interesse und Informationsbedarf an diesem Thema gibt“, sagte Barbara Kohlstruck vom Projektteam.  Mut zu machen, Projekte anzupacken und das Gefühl von Machbarkeit aufkommen zu lassen: Das sei das Ziel dieses Fachtags gewesen. An diesem Samstag seien in der Alten Eintracht Mutmacher unterwegs gewesen, die mit großem Engagement ihre Projekte vorgestellt und damit gezeigt hätten, „dass es geht.“

Dass es gehen muss, wurde beim Impulsvortrag der Kirchenpräsidentin klar: „Mit diesem Gebäudebestand können wir nicht in die Zukunft blicken“, sprach Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst die Herausforderung an, angesichts weniger Mitglieder Kirchenimmobilien auf den Prüfstand zu stellen. Im Mai 2022 hatte die Landessynode das Gesetz zur effizienteren Nutzung von kirchlichen Gebäuden beschlossen. Bis 2030 soll der Gebäudebestand um 30 Prozent reduziert werden, die Treibhausgase bis 2035 um 90 Prozent. Sie verstehe, dass Menschen Angst um den Ausverkauf von Kirche und Gemeinde haben, schließlich stünden Häuser für Gemeinschaft, sagte Wüst. Letztlich sei Angst aber kein gutes Zukunftsprogramm, Veränderung kein Alleinstellungsmerkmal des 21.  Jahrhunderts. „Wir sind Nachfahren einer Bewegung, bei der kein Stein auf dem anderen blieb“, sagte Wüst.

Oberkirchenrätin Karin Kessel betonte, dass Grund und Boden ein Wert sei, der für die kirchliche Arbeit genutzt werden könne. Bei dem derzeitigen Zinsanstieg werde das Erbbaurecht für Interessenten wieder interessant. „Baugeld ist nicht mehr so leicht zu bekommen.“ Die Finanzdezernentin warnte vor dem vorschnellen Verkauf von Pfarrhäusern. Wenn sich der Zuschnitt von Kirchengemeinden ändere, würden sie vielleicht doch gebraucht.

Birgit Franz, Professorin an der Hochschule für Angewandte Kunst in Hildesheim, ermutigte Kirchengemeinden, Kunst- oder Architekturstudierende mit einzubeziehen. Sie seien unglaubliche Türöffner, ihre „konstruktive Naivität“ eine Chance. Kirchengemeinden habe sie hier offener erlebt als gegenüber „Profis“, sagte Franz. In einem Modellprojekt hatten Studierende für Kirchengemeinden in Niedersachsen für Dorfkirchen Nutzungskonzepte erarbeitet. Die Ergebnisse, eine Kolumbariumskirche, eine Coworkingkirche, eine Sportkirche, eine Gartenkirche und eine Kunstkirche, waren in einem Film zu sehen.

Pfarrer Karl Graupeter schilderte, wie in der Pauluskirche Kaiserslautern „Zusammenrücken im besten Sinne“ praktiziert werde. In das sanierungsbedürftige Gemeindehaus zog die Tagespflege der Ökumenischen Seniorenhilfe Westpfalz ein, die die Renovierung bezahlte.

Dafür kann die Gemeinde das Gebäude nur noch abends nutzen, das Seniorencafé nachmittags findet jetzt bei der Turn- und Sportgemeinschaft statt. Das Ergebnis sei ein Haushaltsansatz mit nur wenig Überhang, die höhere Instandhaltungsrücklage könne bedient werden. „Dafür fressen uns jetzt die Energiekosten auf.“

Architekt Sebastian Metz, der seine Pläne aus dem Jahr 2018 für eine verkleinerte, barrierefreie Christuskirche Nord in Speyer mit Gemeinderäumen vorstellte, ermunterte, Bauvorhaben nicht auszusitzen.

„In den letzten zwei Jahren seien die Baukostenpreise um 40 Prozent gestiegen. Bei dieser Entwicklung lohne es nicht, Zuschüssen von 10.000 Euro hinterherzulaufen. Einkalkuliert werden müsse auch, dass es bei Entscheidungen nicht jedem recht gemacht werden könne. „Wenn man auf 100 Prozent aus ist, baut man nie.“

Wie ein Kirchenmodell der Zukunft aussehen kann, zeigte Presbyter Horst Höh aus Wallhalben auf. Unter dem Motto „Alles unter einem Dach“ entstehen hier ab Herbst mit einem Investitionsvolumen von 1 Million Euro Gemeinderäume und eine Teeküche in der Kirche, die einen Toilettenanbau bekommt. Einen ähnlichen Weg hat bereits die Kirche in Bruchhof-Sanddorf genommen. Sie blieb sogar unter dem veranschlagten Kostenansatz, unter anderem weil einfache Verschalungsbretter als Wandverkleidung dienen oder Materialien wie ein alter Handlauf für die Treppe wiederverwendet wurde, berichtet die Kunstbeauftragte der Landeskirche, Birgit Weindl. (flor)

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