Die Rechnung ist einfach: Weniger Kirchenmitglieder gleich weniger Kirchensteuermittel. Damit die Kirche keine roten Zahlen schreibt, kann Fundraising eine Lösung sein. Dazu braucht es Fachwissen. Und vor allem eine Fachfrau, die andere begeistern kann.
Speyer (lk) „Wir müssen überzeugend sein und kreativ“, meint Gabriele Rath. Seit April ist sie die neue Beauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz für Fundraising. Wie das funktioniert und warum es dabei nicht zuerst um Geld geht, sondern um Vertrauen, erläutert sie im Hintergrundgespräch.
Was bedeutet Fundraising überhaupt?
Sinngemäß heißt Fundraising „Mittel einwerben“, also Geldspenden, Sachspenden oder Sponsorengelder. Es bedeutet aber viel mehr um Menschen werben. Fundraising setzt zuerst auf Beziehungen, etwa auf gemeinsame Werte und Visionen. Gabriele Rath erklärt: „Es geht darum, dass Menschen Teil eines Projektes werden und dies nach ihren Möglichkeiten unterstützen.“
Dazu gehören eine emotionale Ansprache und einige Überzeugungsarbeit. Wer etwas spenden soll, muss von einem Vorhaben begeistert werden. Und wissen, dass jemand dahintersteht, der vertrauenswürdig ist. „Sie müssen überzeugt sein, dass das Projekt sinnvoll und werthaltig ist und dass sie mit dem eigenen Beitrag etwas bewirken können,“ so Rath.
Was heißt das im Einzelnen?
Fundraising kann vielfältig aussehen. Ein Projekt kann über Sach- und Geldspenden, Sponsoring, öffentliche Fördergelder oder Mittel aus Stiftungen unterstützt werden. Aber auch aktive Mitarbeit von Privatleuten und Firmen, ideelle Unterstützung oder das so genannte Pro Bono sind möglich. Hierbei unterstützen Unternehmen oder Organisationen ein Vorhaben, verlangen aber keine Gegenleistung. Zum Beispiel gestaltet eine Agentur einen Flyer oder eine Zeitung schaltet kostenfrei eine Anzeige.
Was kann über Fundraising finanziert werden?
Hier ist ebenfalls vieles denkbar. Renovierungen von Kirchen und Orgeln, Ausstattung von Jugendräumen, Projekte mit Geflüchteten, Schaffen von Klimaneutralität, Seniorenarbeit oder Gestalten eines Außenbereichs. Fundraiserin Rath weiß: „Zum Teil werden sechsstellige Beträge eingeworben.“
Wie starte ich ins Fundraising?
Ein Projekt muss klar umrissen sein und ein bestimmtes Ziel verfolgen. Es muss genau feststehen, an welche Zielgruppe es sich richtet oder wem es nützt – denn dies ist gleichzeitig die Zielgruppe der möglichen Gebenden. Auf dieses Gerüst wird eine Argumentation aufgebaut.
„Wichtig ist, das Projekt positiv darzustellen, die Wirkung und den Nutzen herauszuarbeiten“, rät die Fundraising-Beauftragte. Je besser Argumentation und Ansprache gelingen, desto erfolgreicher ist das Spendensammeln.
Was sollte ich nicht vergessen?
Neben dem klaren Ziel ist eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Das Projekt soll ja bekannt werden. Es ist gut, sich frühzeitig zu überlegen, über welche Kanäle Menschen erreicht werden. Dabei soll auch über die eigene Kirchengemeinde hinausgeschaut werden, denn viele kirchliche Projekte stärken das Gemeinwohl. Sie sind deshalb auch für Nicht-Mitglieder oder Menschen anderer Konfessionen interessant. Über gemeinsame Projekte lässt sich die Gemeinschaft stärken und die Gemeinde aufbauen. „Das wird oft unterschätzt,“ betont die Fundraiserin.
Das Projekt ist beendet: Was nun?
„Eine Rückmeldung ist wichtig für die Gebenden“, sagt Gabriele Rath. „Man muss danke sagen und Rechenschaft ablegen, wie die Spenden eingesetzt wurden und welche Ziele erreicht werden konnten.“ Vertrauen ist hier wieder das Stichwort. Eine gute Zusammenarbeit soll Lust machen, auf weitere gemeinsame Vorhaben. „Fundraising ist keine einmalige Sache, sondern auf Dauer angelegt.“
Was sollten Fundraiser mitbringen?
„Sie sollten eine positive Grundhaltung haben, auf Menschen zugehen und zuhören können“, erläutert Rath und ergänzt: „Fundraiser müssen kommunikationsfreudig sein, empathisch, kreativ, überzeugend, mutig und standhaft. Sie müssen das Projekt auf den Punkt bringen und dafür begeistern können.“
Hintergrund
Gabriele Rath, Fundraiserin und Immobilienfachwirtin, ist seit April 2022 Beauftragte der Landeskirche. Zuvor hat sie unter anderem 25 Jahre lang für das Hilfswerk MISEREOR gearbeitet. Sie berät und begleitet Kirchengemeinden beim Fundraising und plant Veranstaltungen zu einzelnen Themen.