Gott sitzt im Bauwagen, am Küchentisch oder im Café. Kirche lebt nicht nur im Kirchenraum. Die LabORAtorien sind Erprobungsräume, in denen sich "wild und wundervoll" experimentieren lässt.
Speyer (lk). Ein Sessel in der Kirche zum Klönen, ein Gottesdienst auf dem Sofa im Wohnzimmer oder eine "Kirche Kunterbunt": Der jüngst erschienene herbstliche Newsletter "Ohr am LabOR" fängt den frischen Wind der Erprobungsräume ein. Rund 30 innovative landeskirchliche Projekte zeigen: vieles ist möglich. Die Evangelische Kirche der Pfalz bietet mit den LabORAtorien eine Plattform für Experimente. Zukunftsweisende Ideen werden unterstützt und Projekte vernetzt.
Als Kirche müssen "wir nicht als Nörgler, Jammerer und Früher-war-alles-besser-Sager auftreten", meint Projektleiter Pfarrer Tim Kaufmann. Er ist vielmehr begeistert über das "kreative Potential", das sich entdecken lässt. Es gehe oft bereits darum, jenseits des Kirchenklischees anders aufzutreten. Schon Stehtische oder Sessel, Cola und Schokokekse bei einer Tagung könnten verblüffen. Kaufmann arbeitet unter anderem mit Pfarrerin Katharina Jaehn in der Fachgruppe, die sich regelmäßig austauscht. Im Oktober gab es das erste Netzwerktreffen in Enkenbach. Etwa zehn Projektteams haben zum "Treffpunkt LabORAtorien" ihre Ideen vorgestellt.
Anders denken und wachsen
In Enkenbach war Sandra Bils von der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung in Berlin eingeladen. Die Theologin ermutigte dazu, weiterzugehen - und weit über das Bestehende hinaus zu denken. "Wenn man merkt, die Menschen gehen lieber brunchen als in den Gottesdienst, kann man einen Brunchgottesdienst feiern. Oder man entscheidet sich, ein Café aufzumachen oder mit dem Café vor Ort zu kooperieren und neue Formen von Gemeinde und Gemeinschaft zu entwickeln", sagte sie. Kirche sei wie ein Mischwald. In einem nachhaltigen Wald würden neue Pflänzchen erprobt und alte stehengelassen. So gehe es auch bei Kirche um eine Mischung aus Tun, Lassen und Wachsen lassen.
Die für die LabORAtorien zuständige Oberkirchenrätin Marianne Wagner fand den Austausch ermutigend. Es sei deutlich geworden, dass Veränderungen aus dem Glauben entspringen. "Unsere Wurzel ist Jesus Christus, der uns mit Gott und mit anderen Menschen zusammenbringt. Vernachlässigen wir die Pflege dieser Wurzel, dann trocknen wir geistlich aus und werden verwechselbar."
Wild und wundervoll
Ein nächstes Netzwerktreffen der LabORAtorien ist geplant. Weitere innovative Projekte werden gesucht. Laut Projektleiter Tim Kaufmann erfindet sich auch die Fachgruppe stets neu. "Wir lernen mit anderen zusammen, etwa in den ökumenischen Pionier-Hubs von 'Schon-jetzt' oder im Austausch mit Pionieren aus anderen Landeskirchen." Anregungen für Haupt- und Ehrenamtliche bietet ein Inspirationstag zur "Kirche Kunterbunt" am 4. März 2023 in Pirmasens. Es geht um eine generationsverbindende Form von Kirche - "frech und wild und wundervoll" - für Kinder, Eltern und Großeltern.