Speyer (dwp, lk)."Eine Krankheit, Kurzarbeit, eine heftige Nachzahlung beim Stromversorger: Vieles kann die eigene Finanzlage aus dem Gleichgewicht bringen. Das haben wir in der akuten Phase Pandemie erlebt, das erleben wir jetzt vor dem Hintergrund steigender Preise", berichtet Sabine Jung, Vorständin Soziales, Kita und Freiwilligendienste im Diakonischen Werk Pfalz. Dann werde aus Verschuldung schnell Überschuldung. Betroffene würden in einem Teufelskreis geraten aus Forderungen, Stigmatisierung und Scham, verdeutlicht Jung.
Im Rahmen der Aktionswoche vom 30. Mai bis 3. Juni 2022 mit dem Motto "… und plötzlich überschuldet" weist das Diakonische Werk auf die schwierige Lage der Beratungsstellen hin. Steigende Kosten sowie steigende Nachfragen bringen den Träger an den Rand des Möglichen.
Lange Wartezeiten
Wer sich Hilfe holt, hat bessere Chancen, aus der Überschuldung zu kommen. Die Schuldner- und Insolvenzberatung zeigt Wege, um die eigene finanzielle Situation zu stabilisieren und dauerhaft zu verbessern. In der Pfalz berät das Diakonische Werk an sechs Standorten im Durchschnitt insgesamt 2.500 Klientinnen und Klienten.
Wie an vielen anderen Orten in Deutschland auch werden aber die Wartelisten immer länger. Durch Krisenberatung können zwar innerhalb von rund 3 Wochen erste Schwierigkeiten geklärt werden. Aber auf eine umfassende Beratung müssen Betroffene im Schnitt 6 Monate warten. Zudem dürfen sich nicht alle sich kostenfrei beraten lassen – Soloselbständige etwa sind davon ausgeschlossen.
"Wir fordern ein Recht auf eine kostenfreie Beratung für alle und einen konsequenten Ausbau der Beratungsstellen - mit einer stabilen Finanzierung", betont Tanja Gambino, leitende Referentin für Offene Sozialarbeit im Diakonischen Werk Pfalz. "Mit der passenden Hilfe können Existenzen gesichert werden."
Hintergrund
Die gemeinnützige soziale Schuldnerberatung ist für Betroffene kostenfrei – im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern. Die gemeinnützige Schuldnerberatung ist bundesweit nicht einheitlich und unterfinanziert. Bereits vor der Corona-Krise konnten nur 10 bis 15 Prozent der überschuldeten Menschen beraten werden.
Die Aktionswoche wird veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände. Die Arbeitsgemeinschaft vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland.