Im Hospiz erleben Sterbende in ihrer letzten Lebensphase viel Normalität, Autonomie und würdevolle Begleitung. Ein Besuch im Hospiz im Wilhelminenstift in Speyer.

Speyer (lk). Am Totensonntag rückt der Tod in den Fokus der Öffentlichkeit. In der Palliativversorgung und Hospizarbeit allerdings ist das Sterben gegenwärtig. In der Pfalz und Saarpfalz werden Menschen, die an einer nicht heilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, zu Hause oder in ambulanten und stationären Einrichtungen der Diakonie betreut. Ein Beispiel ist das Hospiz im Wilhelminenstift der Diakonissen Speyer unter Leitung von Sabine Seifert und mit Pfarrerin Andrea Bütikofer als Seelsorgerin.

Die Einrichtung mutet an wie eine Herberge, nicht wie ein Krankenhaus. Die Bewohner haben Einzelzimmer, die sie selbst dekorieren können. Im Wohnzimmer lädt ein großer Tisch zum Essen oder zu Gemeinschaft ein. Das Radio läuft, ein Papagei plappert regelmäßig Wörter nach. Den „Raum der Stille“ können Bewohner und Angehörige für Seelsorgegespräche nutzen.

Sieben Personen betreut das Hospizteam in der letzten Lebensphase – manchmal mehrere Wochen, manchmal wenige Tage. Die Bewohner werden würdevoll „Gäste“ genannt. „Wir wissen, dass ihr Aufenthalt bei uns vorübergehend ist. Aber jeder Tag hier ist Leben“, sagt Seifert.

Das Hospizpersonal schenkt den Gästen Normalität und Autonomie, ermöglicht Dinge und erfüllt Wünsche. „Manche wollen noch einmal mit dem Schiff fahren oder auf ein Popkonzert gehen. Ein hochbetagter Gast wünschte sich, noch einmal neben dem Ehepartner gemeinsam im Doppelbett zu liegen“, erzählt die Hospizleiterin.

Auch den Alltag sollen die Gäste so selbständig wie möglich gestalten, solange sie bei sich sind. Dazu gehört zum Beispiel, die Medikamente selbst zu verwalten oder das Haus zu verlassen. „Es gibt bei uns keine festgelegten Abläufe. Jeder Gast bestimmt seinen Tagesrhythmus, kann essen und spazieren gehen, wann er oder sie will“, so Seifert.

Der Abschied vom Leben ist untrennbar mit der Verabschiedung von Angehörigen, Freunden oder Arbeitskollegen verbunden. Sie können jederzeit ins Hospiz kommen und auch über Nacht bleiben – im Beistellbett oder in einem eigenen Zimmer. „Der Abschied ist ein fließender Prozess, der schon beginnt, wenn die Menschen von der Diagnose der unheilbaren, schwerwiegenden Krankheit erfahren“, beschreibt Seifert. Wie die Menschen den Abschied annehmen, sei unterschiedlich: Manche haderten sehr damit, andere folgten einem Familienmitglied, das schon vorausgegangen ist. Einige wehren sich gegen Kontakt, andere sehen darin eine Stütze.

Die Pfarrerin Bütikofer sowie die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter stehen immer für Gespräche und Seelsorge bereit. Dabei sei es egal, ob die Gäste Christen seien, eine andere Religion hätten oder aus der Kirche ausgetreten seien. „Ich nehme mein Gegenüber an mit all den innerlichen menschlichen Nöten“, beschreibt Seifert. Als besonders schwer empfindet sie den Abschied bei schwierigen Familienkonstellationen.

Jedes Jahr im November gedenken die Hospizmitarbeiter mit den Angehörigen und Freunden in einer Andacht den Gästen, die sie betreut haben. Der christliche Glaube trägt die Hospizleiterin „in der Hoffnung und in dem Glauben, dass die Menschen in einer neuen Wohnung in der Ewigkeit Platz finden werden“.

Hintergrund: Der Ewigkeitssonntag im November, auch Totensonntag genannt, ist dem Gedenken an Verstorbene gewidmet. Neben dem Totengedenken wird in vielen Gottesdiensten auch zu einem bewussteren Umgang mit der Lebenszeit ermutigt. Der Gedenktag geht auf die Reformationszeit zurück. Mit dem Ewigkeitssonntag endet das Kirchenjahr.

Hospizarbeit: Würdevolle Begleitung.

Hospizarbeit: Würdevolle Begleitung. Foto: Pixabay/Sabine van Erp.