Speyer (stk/epd-lmw). Bei der Feierstunde des Landes anlässlich des 500. Reformationsjubiläums erinnerte Ministerpräsidentin Malu Dreyer daran, dass Rheinland-Pfalz mit den Orten Speyer, Worms und der Ebernburg besonders mit den Anfängen der Reformation verbunden sei und lobte die lebendige Gestaltung des Reformationsjubiläums.
„Es ist das große Verdienst der Lutherdekade, dass sie sich der vielschichtigen Wirklichkeit der Reformation gestellt hat“, sagte die Ministerpräsidentin im Rahmen der Feierstunde in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche. Die Reformation sei nicht nur ein religiöses Geschehen, sie habe vielmehr eine Entwicklung in Gang gesetzt, die Deutschland und Europa bis heute politisch und kulturell präge und Mentalitäten und Familiengeschichte beeinflusse. Mit der Betonung des Gewissens und der Freiheit sei sie grundlegend für die Entwicklung universaler Werte gewesen.
„Der Weg von der Reformation bis zur pluralen Demokratie mit der Trennung von Staat und Kirche war letztendlich lang und schmerzlich. Gerade, weil wir das wissen, dürfen wir heute bei diesen Errungenschaften keine Abstriche zulassen“, betonte die Ministerpräsidentin, die zugleich zur Zuversicht aufrief. Luther und die Reformatoren hätten gezeigt, welche Kraft in dem Vertrauen liegt, auf festem Grund zu stehen. „Ich wünsche mir, dass diese Grundhaltung auf unsere Gesellschaft ausstrahlt. Zuversicht und Optimismus sind die Kraftquellen für eine gute Zukunft in unserem Land“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. „Rheinland-Pfalz hat viele Erinnerungsorte der Reformation vorzuweisen. Für die Landesregierung war es deshalb eine Ehre, die vorbereitende Dekade und das Jubiläum aktiv zu begleiten und zu unterstützen“, sagte die Ministerpräsidentin. Sie dankte den vielen Rheinland-Pfälzern und Rheinland-Pfälzerinnen, die sich mit viel Phantasie und Herzblut für die Erinnerung an die Anfänge der Reformation engagiert haben. „In über 500 Veranstaltungen ist die reiche protestantische Tradition unseres Landes sichtbar geworden“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
In seiner Festansprache appellierte der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, den „Luther-Effekt“ in der durch Globalisierung und Migrationsbewegungen herausgeforderten Gesellschaft zu erhalten. Luther und die Reformation hätten den Anstoß gegeben für die Gewissens- und Religionsfreiheit des Einzelnen und einen Staat, der religiös und weltanschaulich neutral sei.
Das Reformationsjubiläum verpflichte alle Bürger zu „Toleranz als Respekt vor den Anderen“, sagte der SPD-Politiker, der auch Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist. Angesichts ihrer „bitteren Lerngeschichte in Sachen Toleranz und Freiheit“ müssten sich die Kirchen gegen den politischen Missbrauch von Religion wehren. Dass Toleranz und Freiheit praktisch gelebt werden könnten, sei der Sinn des Reformationsjubiläums und mache die Erinnerung an die Reformation wichtig.
Er spüre „ökumenische Ungeduld“ am Ende des „Reformationsjubeljahres“, bekannte Thierse. Die Gründe, die zu Zeiten Luthers zur Kirchentrennung führten, könnten heute keine Gültigkeit mehr beanspruchen. Die ständige Wiederholung des Worts von der „versöhnten Verschiedenheit“ scheine ihm "ein Beruhigungsmittel, eine resignative Losung für ökumenischen Stillstand" zu sein. Protestanten und Katholiken müssten nun „zeigen, dass es ein gelingendes Miteinander in der Vielfalt gibt“, sagte Thierse.