Von der Heimat Ludwigshafen in die Fremde nach Beirut: Die 23-Jährige Theologiestudentin Natalie Jahn lebte und arbeitete in der libanesischen Hauptstadt. An der dortigen Near East School of Theology (NEST) widmete sie sich dem Islam und den Ostkirchen.

Speyer/Ludwigshafen (lk). Wenn Natalie Jahn aus Ludwigshafen auf die vergangen neun Monate schaut, dann blickt sie „auf eine „wunderbare Zeit zurück“. Und das trotz des Konflikts im Nachbarland Syrien, zahlreicher innenpolitischer Probleme im Gastland selbst  und zweier Anschläge in dessen Hauptstadt. Die 23-Jährige Theologiestudentin lebte und arbeitete in der libanesischen Hauptstadt Beirut. An der dortigen Near East School of Theology (NEST) studierte sie im Rahmen eines Studienprogramms der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) Islam und Ostkirchen.

Durch zahlreiche Exkursionen sei das, was sie gelernt habe nicht nur theoretisch geblieben, sondern fassbar geworden und habe seine praktische Relevanz gezeigt, erklärt Jahn. So habe sie Kirchen, Klöster und Gottesdienste verschiedenster christlicher Traditionen besucht, aber auch Moscheen und eine Koranschule und sei zu einem Freitagsgebet gegangen. „Ich habe gesehen und gefühlt, was ich studiert habe und kann dadurch aktuelle Geschehnisse besser einordnen“, sagt die Studentin der evangelischen Theologie. Generell habe sie das Studium an der NEST „als praxisnäher empfunden als in Heidelberg“. Auch spiele der persönliche Glaube an der Theologenschule in Beirut eine größere Rolle als an der heimischen Fakultät. Die NEST sei zudem Wohnheim und Hochschule zugleich ist, „so dass Studium und Leben nicht zu trennen waren“.

Ihre Kommilitonen, erzählt Natalie Jahn, mit denen sie die meiste Zeit im Libanon verbracht habe, seien vorwiegend aus Syrien, aber auch aus Armenien, Kenia, den USA und Deutschland gekommen. „Ich habe die internationale Lebensgemeinschaft sehr genossen. Durch sie habe ich nicht nur viel über mir fremde Kulturen, Mentalitäten und Glaubensformen gelernt, sondern vor allem über meine eigene Kultur, Mentalität und Glaubensform“, sagt Jahn. Das enge Zusammenleben habe sie sehr bereichert und persönlich wachsen lassen. „Ich bin geduldiger und geselliger geworden“, gesteht die junge Frau.

Vor allem die Gespräche mit ihren syrischen Kommilitonen über deren Erfahrungen mit dem Krieg in ihrem Heimatland hätten sie sehr geprägt, sagt die Kurpfälzerin. „Diese Unterhaltungen haben mich zum ersten Mal wirklich erkennen lassen, wie sehr politischer Friede und Freiheit Grund zur Dankbarkeit sind“, sagt Natalie Jahn. Aber auch die Begegnung mit einer älteren Dame aus Syrien ist für die junge Deutsche wichtig geworden. In einer internationalen Kirchengemeinde haben sich beide Frauen kennen gelernt. „Von ihr habe ich viel über das alte Syrien und den libanesischen Bürgerkrieg gelernt“, erzählt Jahn und ergänzt, dass sich aus den Treffen eine Freundschaft entwickelt habe, „die mir sehr wichtig geworden ist“.

Überhaupt gehört für die Theologiestudentin das Engagement in der Gemeinde, zu der neben Libanesen und westlichen Aussiedlern vor allem die sogenannten „Migrant Workers“ aus afrikanischen und südostasiatischen Ländern gehören, zu den Höhepunkten ihrer Zeit im Libanon. Hier durfte sie nicht nur predigen, hier konnte sie auch  eine andere Perspektive auf die libanesische Gesellschaft und ihren fragwürdigen Umgang mit ungelernten ausländischen Arbeitskräften gewinnen.

Auch wenn Sie zum Studium in den Libanon gegangen ist, das Land sei ein wunderschönes Reiseland, erklärt Natalie Jahn. Denn trotz der teilweise angespannten Lage konnte sie Teile des Libanon bereisen und hat sich auch sicher gefühlt. Wie stark sie die Zeit im Libanon tatsächlich geprägt hat und welche Erfahrungen ihr Leben in Deutschland dauerhaft beeinflussen werden, dies werde sie wohl erst nach einiger Zeit erkennen, sagt Jahn.

Theologiestudentin Nathalie Jahn. Foto: lk