Pfarramt im Wandel 

Mut zu "protestantischer Corporate Identity"

Kirchenpräsident Christian Schad im Alten Augusteum der Universität Leipzig

...und vor der Universitätskirche. Fotos. lk

Leipzig/Speyer (lk). Prediger, Helfer, Gemeindemanager, Moderatoren, Mystagogen und zukunftsorientierte Multitalente: Das Berufs- und Leitbild der protestantischen Pfarrerinnen und Pfarrer hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte stark gewandelt. Dass Pfarrerinnen und Pfarrer vor allem das Evangelium und seine Lebensdienlichkeit für die Menschen darstellen und vermitteln sollen, sei in einer pluralen und individualistischen, zugleich mehr und mehr orientierungs- und traditionsbedürftigen Gesellschaft „eine große Herausforderung“, sagte Kirchenpräsident Christian Schad bei einer Tagung Evangelisch-Theologischer Fakultäten in Leipzig zum Thema „Innenansichten und Perspektiven – das Pfarramt zwischen wissenschaftlicher Theologie und Erwartungen der Gemeinden“.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer befänden sich heute „in einer Situation zwischen den Stühlen“: Einerseits bestimmten religiöser Pluralismus und individualisierte Religionsformen das Bild in und außerhalb der Kirche. Selbstverständliche Weitergabe des Christlichen und die positive Bedeutung der Kirchenzugehörigkeit schwänden zusehends. Zugleich fragten die Menschen verstärkt nach dem Sinn und der Überzeugungskraft christlicher Lebensformen. Damit entstehe im Pfarrberuf etwas Neues, führte Schad in seinem Vortrag „Pfarrberuf im Wandel“ aus. Hinzu kämen die Veränderungen im Beruf selbst: Aus einer klassischen Männerdomäne sei ein zunehmend für Frauen attraktiver Beruf geworden, der sich zudem mit unterschiedlichen Lebensformen verbinde. Auch liege in dem Abschied von stark gesetzlich geprägten Pfarrerbildern etwas „Befreiendes“, sagte Schad.

Es entspreche dem protestantischen Selbstverständnis, die Kirche und ihren Auftrag glaubwürdig und wahrhaftig zu repräsentieren und dabei auch das eigene Scheitern, die eigene Anfechtung und Bruchstückhaftigkeit, zuzulassen, führte der Kirchenpräsident aus. Das Evangelium als Trost und Halt, als Zuspruch und Anspruch zu vermitteln und die Menschen zum eigenen Sprechen und zu eigenen Ausdrucksformen zu ermutigen, sei die zentrale Herausforderung. Angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen machte der Kirchenpräsident Mut, die „Binnensicht“ zu überwinden und die Zukunft der Kirche mit den anstehenden Transformationsprozessen klar in den Blick zu nehmen: „Entwickeln wir gemeinsam eine Perspektive, in der Hoffnung und Gestaltungswillen spürbar werden.“

Neue Formen der Kooperation und der Bündelung von Kräften sind nach Schads Worten unvermeidbar. Der Pfarrberuf müsse offen sein „für Gäste, Suchende, Fremde und Flaneure“. Das setze die Bereitschaft zum Umsteuern voraus. „Wo wir uns gegenseitig dazu ermutigen, tragen wir bei zu einer protestantischen 'Corporate Identity' im Bewusstsein der Zugehörigkeit zur weltweiten Kirche Jesu Christi. Es ist unsere vornehmste Aufgabe, die Kirche offen zu halten als Erfahrungsraum für Glaube, Liebe und Hoffnung.“