Podiumsdiskussion 

Den Begriff des Bekennens neu entdecken

Michael Beintker, Horst Gorski, Reinhard Mawick, Irmgard Schwaetzer und Christian Schad (v.l.). Foto: lk/view

Kaiserslautern (lk). Verbindend oder abgrenzend? Veraltet oder wichtiger Teil evangelischer Wurzeln? Brücke oder Ballast? Mit der Frage nach der Bedeutung von Bekenntnissen und konfessionellen Bekenntnisschriften für die Gegenwart befassten sich der emeritierte Professor für Systematische Theologie und Direktor des Seminars für Reformierte Theologie an der Universität Münster, Michael Beintker (Münster), der Leiter des Amtes der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Horst Gorski (Hannover), die Präses des EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer (Berlin) und der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad. Die Moderation hatte Reinhard Mawick von der Zeitschrift „Zeitzeichen“. 

„Der pfälzische Ansatz, nachreformatorische Bekenntnisse als etwas ökumenisch Verbindendes ‚in gebührender Achtung‘ zu halten, gefällt mir“, sagte Schwaetzer, die eigenem Bekenntnis nach „überzeugte unierte“ Protestantin ist. Bekenntnisse könnten helfen, „auf das zu achten, was wir gemeinsam haben und nicht darauf, was uns trennt“, sagte die EKD-Präses. Gleichwohl könnten die meisten Menschen heute mit Bekenntnisschriften nichts mehr anfangen. Gerade junge Leute interessierten sich mehr für die spirituellen Botschaften und Geschichten der Bibel. Ähnlich sieht es Michael Beintker: Über Katechismen und Bekenntnisschriften könnten Menschen zwar ins Gespräch kommen. Als „Kurzformel des Glaubens“ hätten sie „glaubensstiftendes Potenzial“. Aber „die eigentliche Herberge unseres christlichen Glaubens sind biblische Texte“, sagte der Theologieprofessor. „Sie geben Zeugnis von der unmittelbaren Begegnung zwischen Gott und Mensch.“ 

Bekenntnisschriften sind für den lutherischen Theologen und Vizepräsidenten des Kirchenamts der EKD, Horst Gorski, „ Wurzeln, die wir brauchen, um heute leben zu können“. Auch für diese historischen Glaubensüberzeugungen gelte, sie auf die Gegenwart hin auszulegen. So könne der Rechtfertigungsglaube heutigen Menschen vermitteln, „dass ihr Wert nicht von dem abhängig ist, was sie in der Leistungsgesellschaft erbringen müssen“. Bei der Betrachtung der Bekenntnisse sei stets auch auf das „Gegenüber“ zu achten. Während sich das frühchristliche Bekenntnis „Jesus ist Herr“ gegen die Vergötterung des römischen Kaisers gewandt habe, hätten die reformatorischen Bekenntnisse u.a. das Reichsrecht im Blick gehabt. „Heute würden wir Bekenntnisse auch in Abgrenzung zu Atheisten oder anderen Religionen formulieren“, sagte Gorski. Dazu gehöre jedoch, im eigenen Glauben sprachfähiger und dialogfähiger zu werden. 

Für Kirchenpräsident Christian Schad sind die Glaubenden heute gefordert, deutlich zum Ausdruck zu bringen, warum sie Christen sind. „Wir müssen den Begriff des Bekennens neu entdecken“, sagte Schad, der auch Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen ist. Im Blick hat Schad dabei „Vereinfacher und Scharfmacher in Politik und Gesellschaft“. Hier gelte es, aus dem Glauben heraus Stellung zu beziehen gegen Verblendungen in den Herzen und Köpfen. 

Einig waren sich die Diskutanten, dass eine Verfügung wie in Bayern, Kreuze in öffentlichen Gebäuden aufzuhängen, als „staatlich verordnetes Bekenntnis“ nicht hinnehmbar sei. „Eine unglaubliche Geschichte“, sagte Beintker. Schwaetzer sieht darin „eine klare Verletzung der staatlichen Neutralitätspflicht“. Für Kirchenpräsident Christian Schad darf das Kreuz nicht wie ein Schwert gegenüber anderen Kulturen und Religionen gebraucht werden. Es sei kein Schmuck, sondern ein Friedenssymbol, das nicht zur Abgrenzung gegenüber Menschengruppen benutzt werden dürfe.