Kirchliche Gerichte 

Religionsfreiheit bewahren und stärken

Oberkirchenrat Dieter Lutz, Christoph Thiele, Leiter der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Professor Jürgen Kampmann und Kirchenpräsident Christian Schad (v.li.). Foto: lk

Landau (lk). Das Religionsverfassungsrecht des Grundgesetzes ist ein System der Freiheit. Dieses habe sich in Deutschland in 500 Jahren in sehr unterschiedlichen Situationen entwickelt und bewährt und sei bestens geeignet, das Verhältnis von Staat und Religion in einer Zeit zu gestalten, in der die Gesellschaften in Deutschland und Europa immer pluralistischer würden. Dies hat der Leiter der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christoph Thiele, bei einer Tagung der Mitglieder der kirchlichen Gerichte in Landau erklärt.

Thiele betonte, dass die Religionsfreiheit in erster Linie eine Abwehr gegenüber dem Staat sei. Sie gebe Menschen und Institutionen das Recht, Religion frei und öffentlich auszuüben. Ferner gewährleiste sie auch das Recht, sich von jeglicher Religionsausübung fernzuhalten. Diese sogenannte negative Religionsfreiheit verleihe aber keinesfalls den Anspruch darauf, „vom Staat vor einer Konfrontation mit Religion geschützt zu werden“. Das Grundgesetz verdränge nicht die Ausübung der Religion aus dem öffentlichen Bereich. Der Staat stehe sogar in der Pflicht, in einer „fördernden Neutralität“ die Entfaltung von Religion zu ermöglichen. Die Kirchen ihrerseits hätten nicht nur einen Öffentlichkeitsanspruch, sondern auch einen Öffentlichkeitsauftrag.

Entschieden wandte sich der Leiter der EKD-Rechtsabteilung gegen ein laizistisches Staatsmodell. Es sei das Gegenteil von Religionsfreiheit und diskriminiere die Religion. Daher habe das Religionsverfassungsrecht des Grundgesetzes dem Laizismus eine Absage erteilt. „Ein System des Laizismus läuft Gefahr, einseitig vor Religion schützen zu wollen und zu versäumen, der Freiheit zur Religion den angemessenen Raum zu geben“, sagte Christoph Thiele. Zwar sei Religion eine höchst persönliche Sache, aber keine Privatsache. Religion wirke immer auch öffentlich. „Wenn sie sich entfalten kann, nutzt das der Gesellschaft und auch dem Staat. Deswegen hat der Staat auch selbst ein Interesse daran, dieses freiheitliche System zu erhalten“, sagte Thiele.

Der Tübinger Professor für Kirchenordnung und Kirchengeschichte, Jürgen Kampmann, erinnerte an das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments vor genau 100 Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Landesherr zugleich das Oberhaupt seiner evangelischen Landeskirche. Dieses System sei bereits zur Zeit der Reformation nicht als dauerhafte Regelung  angesehen worden und könne auch nicht als „Staatskirchensystem“ bezeichnet werden. Die Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung von 1919 und die des Grundgesetzes hätten sich als sinnvoll und leistungsfähig bewährt. Die Regelungen des Miteinanders von Staat und Kirche beachte die jeweiligen Grenzen und sei für beide Seiten hilfreich und von Vorteil. Eine Beziehungslosigkeit von Staat und Religionsgesellschaften gebe es nicht.

Im Bereich der Landeskirche sorgen kirchliche Gerichte wie das Verfassungs- und Verwaltungsgericht oder die Disziplinarkammer  für die Rechtsprechung. Dies betrifft die kirchlichen Gesetze, mit denen die Landeskirche ihre verfassungsmäßig garantierte Selbstverwaltung regelt. Kirchliche Gerichte konkurrieren nicht mit staatlichen.

 

 

Von links: Oberkirchenrat Dieter Lutz, Christoph Thiele, Leiter der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Professor Jürgen Kampmann, Kirchenpräsident Christian Schad. Foto: Landeskirche