Kampfplatz von David und Goliath wird zum Symbol für Freundschaft und Solidarität  

Junge Freiwillige suchen biblische Spuren

Azekah/Kaiserslautern (lk). Zusammen mit über 100 weiteren Freiwilligen aus aller Welt hat der Kaiserslauterer Theologiestudent Benjamin Sitzmann in Israel nach Spuren der biblischen Geschichte gesucht. Auf dem Siedlungshügel Tel Azekah, der nach biblischer Überlieferung der Schauplatz für den Kampf zwischen David und Goliath gewesen sein soll, fand die Gruppe zum Beispiel Wassersysteme aus der Zeit Abrahams, eine reiche Werkstatt aus der Zeit Mose und Kornkammern aus der Zeit Esras. Sitzmann ist seit 2012 regelmäßig bei den Ausgrabungen dabei und dokumentiert die archäologischen Funde fotografisch. Von der spannenden biblischen Geschichte berichtet der Student der Heidelberger Universität ebenso wie von aktuellen Geschichtchen. Zum Beispiel die von Sabine, einer ehemaligen Ludwigshafenerin, die mittlerweile in Israel lebt und bald einen Israeli heiratet. 

Ich schätze Sabine sehr. Sie hat in Heidelberg Theologie studiert und ist nach dem Examen nach Israel gewechselt und schreibt jetzt ihre Doktorarbeit über Kochtöpfe, wie sie Abraham vielleicht benutzt haben könnte. Das klingt auf Anhieb vielleicht nicht spektakulär, bis man mal gesehen hat, wie so ein Kochtopf gefunden wird. In ihrem Areal gibt es etliche Keramiken, die intakt geborgen werden – genau so, wie sie vor über 3000 Jahren verlassen wurden. Es ist keine Seltenheit in diesen Gefäßen Fingerabdrücke der Töpferer zu finden. Wie viele Jahrtausende zwischen uns und den Menschen von damals liegen, spielt kaum eine Rolle mehr. Wir stehen in ihrem ehemaligen Haus, finden ihre Gebrauchsgegenstände, ihre Spielsachen und vieles mehr und fühlen uns auf eine tiefe Art und Weise mit diesen Menschen verbunden. 

Auf dem Weg durch das Areal steckt mir Vanessa, eine Tochter von kubanischen Flüchtlingen, die in Kalifornien aufgewachsen ist, ein paar Cookies zu. Die habe ich gebraucht. Der Tag war so weit sehr produktiv, aber auch sehr anstrengend, und ich hatte den ganzen Morgen noch nichts gegessen. 

Unter der Woche stehen wir um 4 Uhr auf und fangen um 5 Uhr an zu graben. Das tun wir, um der unerträglichen Mittagshitze zu entgehen. Wenn die Temperaturen mittags gegen 13 Uhr 40 Grad erreichen, sind wir auf dem Weg zurück in unsere Unterkunft. Wenn Fotos von größeren Strukturen, wie z.B. Mauern, Böden, Silos, etc. geschossen werden müssen, sollte das morgens geschehen, bevor die Sonne aufgeht und anfängt, scharfe Schatten zu werfen. Das bedeutet für mich, dass ich etwa 30 Minuten habe, in denen gerade genug Licht da ist, aber noch kein direktes Licht fällt, um alle nötigen Fotos auf dem gesamten Tel zu schießen. Das zu schaffen und von Areal zu Areal zu kommen, ist manchmal Sprinttraining mit fast neun Kilogramm Gepäck. 

Im Ost-Areal angekommen, begrüßt mich Helena, eine russisch-stämmige Israeli, hart und herzlich mit einem lachenden ‚warst du noch schnell eine Runde schlafen? Wir warten schon seit zehn Minuten auf dich!‘. Wir legen uns die Arme um die Schultern; wir hatten uns heute noch nicht richtig begrüßen können. 

Hier am Osthang suchen wir eine Belagerungsrampe, die vermutlich von Angreifern zur Zerstörung der Stadt erbaut wurde. Es wurden gerade menschliche Knochen gefunden und bevor weiter gegraben werden kann muss ich die Fundstelle wie einen Tatort dokumentieren. Die Hoffnung ist, dass diese Knochen Aufschluss geben, wer auf welche Weise an dieser Stelle zu Tode gekommen ist. 

Der Tag auf dem Tel neigt sich dem Ende zu. Die Freiwilligen dürfen jetzt ihre wohlverdiente Pause einlegen. Für die Gebietsleiter und mich fängt jetzt bis zum späten Abend die Arbeit im Büro an. Die Funde müssen beschrieben, jeder Datensatz, jeder noch so kleine Fund ordentlich dokumentiert und einsortiert werden. In meinem Büro erwartet mich jeden Tag zumindest eine große Ladung kleiner Funde, die fotografiert und katalogisiert werden müssen. Einerseits ein sehr dankbarer Job, da Perlen, Münzen, Skarabäen und andere Kostbarkeiten zuerst bei mir vorbei müssen. Ein harter Job andererseits, weil mich die Arbeiten oft bis in den späten Abend auf Trab halten. 

Auf diese Weise habe ich vier Wochen in Azekah mit den Freiwilligen und eine weitere mit den übrigen Mitgliedern der Universität in Tel Aviv verbracht. Wir haben unglaubliche Funde gemacht und neues Verständnis über den mysteriösen Tel Azekah gewonnen. 

Mich persönlich bereichert diese Ausgrabung immer und immer wieder vor allem durch die vielen Menschen aus so vielen verschiedenen Nationen. Das Gefühl, Tag für Tag eng mit Israelis, Australiern, Chinesen, Amerikanern, Kanadiern, Türken, Marokkanern, Afrikanern, Niederländern, syrischen Auswanderern aus Australien und vielen mehr nicht nur zusammen zu arbeiten, sondern in Freundschaft zusammen im Kibbuz zu leben, ist etwas Besonderes. Jeder brachte etwas von seinem oder ihrem Land mit in diese Gruppe – sei es ein Witz, eine Redewendungen, Geschichten oder einfach nur Schilderungen, wie es dort ist. Als die Anschläge in Würzburg und München passierten, spürte ich die Solidarität und das Mitgefühl dieser kleinen internationalen Gemeinschaft. 

Der Tel Azekah, der durch den Kampf von David und Goliath für die Israelis ein Symbol für den Sieg des Kleinen gegen den Großen geworden ist, ist für mich zum Symbol für Freundschaft und Solidarität geworden, die keine Grenzen kennt. Wir alle sind eng zusammengewachsen. Jeder, der ein paar Wochen auf dem Tel verbracht hat, gehört nun zu unserer Azekah-Familie und wenn wir uns 2018 wieder in Azekah sehen, wird es uns vorkommen, als hätten wir uns nie voneinander verabschiedet.“