Luther und die Juden: Kirchenpräsident Schad mahnt an "notwendige Erinnerungen" 

Schuldverstrickungen offen aussprechen

Bad Dürkheim (lk). Im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 muss nach den Worten des pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad die evangelische Kirche eigene Fehler und Schuldverstrickungen offen aussprechen. Zu den notwendigen Erinnerungen gehöre auch das Thema „Martin Luther und die Juden“. Forschungen belegten, dass die späten „Judenschriften“ des Reformators im weiteren Verlauf der Geschichte zur Rechtfertigung von Judenhass und Verfolgung dienten, sagte Schad.

Judenfeindschaft habe in Europa ihre Wurzeln unter anderem im religiös begründeten Antijudaismus, führte Kirchenpräsident Schad vor der in Bad Dürkheim tagenden Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz aus. Aus Angst, die Duldung der jüdischen Religion könne den Zorn Gottes auch über das christliche Gemeinwesen heraufbeschwören, habe Luther 1543 in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ die Verbrennung der Synagogen, die Zerstörung jüdischer Häuser, die Konfiszierung von Talmud und Gebetbüchern sowie Handelsverbot und Zwangsarbeit empfohlen. „Im 20. Jahrhundert waren es die Nationalsozialisten – und hier vor allem ihre innerkirchlichen Bannerträger: die deutschen Christen –, die die entsprechenden Textauszüge Luthers immer wieder anführten.“

Der Kirchenpräsident warnte in diesem Zusammenhang vor einem neu aufkeimenden Rechtsextremismus. Längst überwunden geglaubte Vorurteile seien bis in die Mitte der Gesellschaft hinein virulent. „Der älteste und hartnäckigste Vorurteilskomplex gegenüber einer Gruppe von Menschen, nämlich der Antisemitismus, ist in der deutschen Bevölkerung nach wie vor tief verankert“, so Schad.

Demgegenüber hat sich die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz im Jahr 1995 dazu bekannt, jeder Form von Judenfeindschaft entgegen zu treten. Dessen eingedenk sei es angemessen, so der Kirchenpräsident, auch reformatorische Irrwege deutlich als solche zu benennen und sie einer Revision zu unterziehen: auf der Grundlage der Heiligen Schrift. So gehe man mit Luther, der stets gefordert habe, sich durch das biblische Wort selbst kritisieren zu lassen, über Luther hinaus.

Hinweis: Eine von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland konzipierte Wanderausstellung mit dem Titel: „Ertragen können wir sie nicht“ setzt sich mit dem problematischen Verhältnis Luthers zu den Juden auseinander. Sie ist bis 12. Juni im Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim und vom 15. Juni bis 15. Juli im Frank-Loebsches-Haus in Landau zu sehen.