Hermann Lorenz warnt vor neuem Nationalismus – Grußworte greifen Schwerpunktthema auf 

Synodalpräsident mahnt zu kritischer Aufmerksamkeit

Bad Dürkheim (lk). Der Präsident der pfälzischen Landessynode, Hermann Lorenz, hat angesichts aktueller politischer Entwicklungen vor einer Unterwanderung von Rechts gewarnt und die protestantischen Christen zu kritischer Aufmerksamkeit aufgerufen. Die Kirche müsse politische und ethische Streitfragen der Zivilgesellschaft „im Licht religiöser und theologischer Traditionen“ reflektieren und eine Anwaltschaft für die Schwachen übernehmen, sagte Lorenz zur Eröffnung der Synodaltagung am Mittwoch in Bad Dürkheim. Aus der Geschichte zu lernen heiße, „nicht zu schweigen, sondern die Stimme zu erheben, sagte Lorenz mit Blick auf das Schwerpunktthema der Synode „Protestanten ohne Protest – die evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus“.

Die Landeskirche dürfe nicht in ihren Bemühungen nachlassen, das Handeln der Politik vor dem Hintergrund des Evangeliums zu hinterfragen, mahnte der Synodalpräsident. „Erschreckenderweise leben wir heute in einer Zeit, in der Nationalismus und der Hass auf alles Fremde wieder hochkochen. Was tun wir, wenn in den Presbyterien Menschen auftauchen, die Mitglieder einer nationalistischen Partei sind?“ In seiner Eröffnungsansprache appellierte Lorenz an die Synodalen und an die Kirchenleitung, „sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie unsere Kirche sich selbst schützen kann. Ich habe die große Sorge, dass wir keine Instrumente haben, dafür zu sorgen, dass in unserer Kirche kein anderer Geist als der Heilige Geist lebt und von unseren Kanzeln kein anderes Evangelium verkündet wird als das in der Bibel überlieferte“.

Das Schwerpunktthema der Synode wurde auch in den Grußworten der Ehrengäste aufgegriffen: Der Nationalsozialismus sei eine Zeit des Versagens aller Kirchen gewesen, sagte der Ökumenereferent der Diözese Speyer, Thomas Stubenrauch. Der Protest von Christen gegen Judenhass und Gewalt und für die Würde des Menschen sei „viel zu oft ausgeblieben“. Dagegen brächten die Kirchen heute ihren Protest gegen jede Form von Ungerechtigkeit und Ausgrenzung „immer wieder lautstark und vor allem auch gemeinsam“ zum Ausdruck. Stubenrauch bezeichnete es als eine der großen Aufgaben der Ökumene, gemeinsam eine Sprache, Bilder und Symbole zu entwickeln, „mit denen wir heute unserem Protestauftrag nachkommen können, den Menschen unserer Zeit zu helfen, dass sie Gott in ihrem Leben entdecken und ihm darin Raum geben“.

Hintergrund: Der Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz gehören 70 Synodale an – 46 weltliche und 24 geistliche. Acht Mitglieder sind berufen, davon zwei als Jugendvertreter. Synodalpräsident ist der Kaiserslauterer Jurist Hermann Lorenz. Dem Präsidium gehören außerdem der Otterbacher Dekan Matthias Schwarz als erster Vizepräsident und Ministerialrat Joachim Schäfer aus Birkenheide als zweiter Vizepräsident sowie Rommi Keller-Hilgert und Daniela Freyer als Beisitzerinnen an. Die Landessynode ist als kirchliche Volksvertretung die Inhaberin der Kirchengewalt. Sie trifft wesentliche Entscheidungen in den geistlichen, rechtlichen und finanziellen Bereichen der Landeskirche. Ihre Amtszeit beträgt sechs Jahre.

Hinweis: Die Frühjahrssynode 2016 der Evangelischen Kirche der Pfalz tagt von Mittwoch bis Samstag, 1. bis 4. Juni, im Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim. Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Wahl eines Oberkirchenrates/einer Oberkirchenrätin und eines Stellvertreters des Kirchenpräsidenten sowie die mittelfristige Finanzplanung der Landeskirche. Die Rolle der Landeskirche im Nationalsozialismus, die in dem Handbuch „Protestanten ohne Protest – die evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus“ aufgearbeitet wird, ist Schwerpunktthema am Donnerstag, 2. Juni. Die öffentlichen Plenarsitzungen beginnen am Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils um 9 Uhr.