Ökumenischer Kirchentag: Vorträge von Nikolaus Schneider und Karl Kardinal Lehmann 

Selbstbewusstes Vertrauen in den eigenen Glauben

Speyer (lk/is). Toleranz setzt nach den Worten des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, im ökumenischen und interreligiösen Dialog die Achtung anderer Überzeugungen, ein selbstbewusstes Vertrauen in den eigenen Glauben und den Verzicht auf Machtansprüche voraus. Dies sei der „Wurzelgrund für ein achtsames und friedfertiges Miteinander“ in der Gesellschaft. Schneider und der Mainzer Bischof, Karl Kardinal Lehmann, haben beim Ökumenischen Kirchentag in Speyer zu aktuellen sozialpolitischen und theologisch-ökumenischen Fragen referiert.

Nikolaus Schneider appellierte in seinem Vortrag „Toleranz gegenüber Fremden – eine Verpflichtung des christlichen Glaubens“, anderen Positionen, Kulturen und Religionen vorurteilslos und mit Respekt zu begegnen. Diese „Respekt-Toleranz“ sei jedoch klar von einem „gleichgültigen Gewähren-Lassen“ zu unterschieden: „Das kann zuweilen wehtun, denn es verlangt, nicht nur Fremdes auszuhalten, sondern auch die eigenen Überzeugungen in Frage stellen zu lassen.“ Darin müssten sich auch die Christen „immer wieder neu üben“. Die Grenzen der Toleranz seien dann erreicht, wenn die von Gott verliehene Freiheit missbraucht und die Würde und das Leben anderer verletzt würden, führte der Theologe aus.

Mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingspolitik stellt Kirchenasyl nach Schneiders Worten den Rechtsstaat nicht in Frage, sondern ergänzt ihn. „Ich bin froh, dass dieses alte ‚Schutzinstitut‘ als konstruktiver Teil unserer gesellschaftlichen Ordnung verstanden wird. Ich halte es für ein starkes Zeugnis unseres Glaubens“, sagte Schneider. In einer pluralen Gesellschaft reiche es indes nicht aus, Toleranz formal zu beschwören. Vielmehr brauche es einen gesellschaftlichen Diskurs über ihre Ziele, Grenzen und Folgen.

Kardinal Lehmann: „Die Ökumene ist ein Weg“

Zu einer Hoffnung, die „sich nicht zufrieden gibt mit dem, was wir bisher erreicht haben, sondern die uns wirklich nach vorne hin beflügelt und mutig macht“, rief Kardinal Lehmann auf. „Wir brauchen eine heilige Ungeduld, auch als Kirchleitungen und Theologen. Jesus hat uns besonders in seinen Abschiedsreden unüberhörbar aufgerufen, dass wir eins sein sollen.“ Gleichzeitig mahnte er Nüchternheit und Glaubwürdigkeit der ökumenischen Arbeit an: „Es gibt im Leben des Glaubens nie bloß breite Pracht- und Königsstraßen ohne verschlungene Pfade, Umwege und Holzwege, Abwege und Irrwege.“

Ökumene schließt für Lehmann die Bereitschaft zu Umkehr und spirituellem Wachstum ein. „Wer nicht im Glauben wachsen will, soll die Finger von der Ökumene lassen.“ Das Gebet für die Einheit hat für ihn zentrale Bedeutung: „Alle großen Ökumeniker waren auch große Beter.“ Den Ökumenischen Kirchentag in Speyer bezeichnete Lehmann als einen „wunderbaren Ausdruck dafür, dass wir auf dem Weg der Ökumene noch vieles entdecken können, was uns gemeinsam ist.“ Wie bei einer eingestürzten Brücke seien zwischen den Konfessionen doch viele verlässliche Pfeiler stehen geblieben. „Uns verbindet mehr Gemeinsames als uns Trennendes hindert.“

Der Ökumenische Kirchentag in Speyer zeigt mit rund 200 Angeboten entlang der Kirchenmeile zwischen Gedächtniskirche und Dom die Bandbreite des christlichen Glaubens. Das Programm reicht von Gottesdiensten, Bibelarbeiten und einem Jugendfestival mit dem Titel „stand up!“ bis zu Ausstellungen, Musik, Kabarett und Podiumsdiskussionen. Im Schlussgottesdienst am Pfingstsonntag um 16 Uhr im Domgarten unterzeichnen Kirchenpräsident Christian Schad und Bischof Karl-Heinz Wiesemann einen Ökumenischen Leitfaden, der am Pfingstmontag in den ökumenischen Gottesdiensten der Kirchengemeinden inhaltlich aufgegriffen wird.

Hinweis: Das Programmheft zum Ökumenischen Kirchentag liegt an den drei Infopoints am Postplatz, in der Maximilianstraße und am Dom aus und steht auf www.oekt-pfalz.de zum Download bereit.