Bildung - Religionsunterricht 

Fit für die Zukunft oder Auslaufmodell?

Religionsunterricht ist kein Auslaufmodell, muss aber auch für nicht-christliche Schüler angepasst werden. Foto: Hoffmann.

Überzeugte Religionslehrer: Hans Hutzel und Anke Lind. Foto: lk/Doth.

Speyer (lk). Es gibt einige Klischees, auf die sich Kritiker des Religionsunterrichts immer wieder beziehen: Religionsunterricht sei Zeitverschwendung und gehöre nicht an die Schule. Berufsschulpfarrer Hans Hutzel sieht Religionsunterricht nach 25 Jahren im Dienst keineswegs als Zeitverschwendung: „Gerade im Berufsschulbereich ist der Religionsunterricht häufig eine Art Durchschnauffach. Die meisten Themen im beruflichen Schulwesen haben die Schüler beruflich zu interessieren. Im Religionsunterricht haben sie die Chance, sich mit alltäglichen Problemen auseinanderzusetzten.“

Auch in anderen Schulformen könne Religionsunterricht als Gegengewicht zum Schulalltag funktionieren, sagt Anke Lind, Schulpfarrerin an der Integrierten Gesamtschule Ernst Bloch in Ludwigshafen-Oggersheim. Allerdings komme es stark auf das Klima in der Klasse an. Es handle sich aber um ein Schulfach, das, wie jedes andere auch, abfragbar ist. Wenn nötig, solle auch hier die komplette Notenskala ausgeschöpft werden, betont Hutzel. Das sei mittlerweile bei den meisten Kollegen angekommen und das Klischee vom Religionslehrer, der nur Einsen und Zweien vergebe, sterbe langsam aus, so Hutzel.

Der Lehrplan für Religion räumt den Lehrpersonen große Freiräume ein. In der Sekundarstufe I sind beispielsweise nur 60 Prozent der Unterrichtszeit durch den Lehrplan festgelegt. Die restliche Zeit kann der Lehrer nutzen, um Raum für Diskussionen, spezifische Anliegen der Schüler und die großen Fragen des Lebens zu schaffen. Das Fach Religion ist nicht der Glaubensunterricht, den Kritiker immer in ihm sehen. Oft wird angeführt, der Religionsunterricht mache unmündig, weil nicht verhandelbare Dogmen präsentiert würden. Lind sieht das anders: „Gerade, weil ich als Pfarrerin und Religionslehrerin nicht wie andere Lehrer neutral sein muss, kann ich den Schülerinnen und Schülern einerseits eine Meinung anbieten, aber anderseits auch eine Reibungsfläche bieten, um sich kritisch mit einem Standpunkt auseinanderzusetzen.“

Ebenfalls leiste der Religionsunterricht Wegbegleitung für die Schülerinnen und Schüler, so Hutzel. Zwar sei dieser seelsorgerische Aspekt nicht nur den Religionslehrern vorbehalten. Allerdings könne ein Religionslehrer sowohl durch die Thematisierung im Unterricht sowie die „unaufdringliche Präsenz“ von Religion an der Schule jederzeit Antworten und alternative Glaubenskonzepte anbieten, fügt Lind hinzu. „Dabei muss man interkulturell und interreligiös fit sein, denn der Anteil an nicht christlichen Schülerinnen und Schülern wird immer größer.“

Die Ausbildung für Religionslehrer und Schulpfarrer sei in Rheinland-Pfalz äußerst gut, betont Pfarrer Hutzel. „Gerade durch die acht Monate Religionspädagogik im Vikariat sind Pfarrerinnen und Pfarrer gut ausgebildet. Man sieht, dass dem Religionsunterricht ein großer Stellenwert zukommt“, ergänzt Lind.

Die immer wiederkehrende Frage, ob Ethik als Alternative zum christlichen Religionsunterricht genügt, bleibt im öffentlichen Diskurs präsent. An beruflichen Schulen werde Religion bereits häufig im Klassenverband unterrichtet, sagt Hutzel. Eine konfessionelle Trennung wird nicht mehr vorgenommen. Die Zukunftsfähigkeit dieses Modells ist allerdings fragwürdig. Religionsunterricht ist keinesfalls ein Auslaufmodell. Aber es muss weiterhin an Alternativen für nicht christliche Schüler gearbeitet werden.

Schwerpunkt Bildung - Hintergrund: Vom 21. bis 23. November 2019 tagt die Herbstsynode der Evangelischen Kirche der Pfalz im Mutterhaus der Diakonissen Speyer, Hilgardstraße 26, in Speyer. Thematischer Schwerpunkt ist Bildung. Die Landessynode ist als kirchliche Volksvertretung die Inhaberin der Kirchengewalt. Sie trifft wesentliche Entscheidungen in den geistlichen, rechtlichen und finanziellen Bereichen der Landeskirche. Ihre Amtszeit beträgt sechs Jahre. Interessierte können an den öffentlichen Sitzungen teilnehmen.