Kirche und Politik 

Nähe von Demokratie und christlichem Glauben

Symposium zum Verhältnis von Kirche und Politik.

Kirchenpräsident Christian Schad (re.) im Gespräch mit Bundestagspräsident a.D. Wolfgang Thierse...

...und mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck. Fotos: lk

Bonn/Speyer (lk). Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad sieht in der Demokratie als Staatsform eine besondere Nähe zum christlichen Glauben. Die im Grundgesetz verankerte Unantastbarkeit der Würde jedes Einzelnen sei „ein Echo der Glaubensüberzeugungen, wonach jeder Mensch Geschöpf und Ebenbild Gottes ist“, sagte Schad bei einem Symposium zum Verhältnis von Kirche und Politik am Donnerstag in Bonn. Im Unterschied zu Absolutheitsansprüchen totalitärer Staatsmodelle sei die Nennung Gottes in der Präambel der deutschen Verfassung eine „Demutsformel“ und ein „Hinweis auf die Endlichkeit und Begrenztheit allen menschlichen Handelns“.

In der aus Anlass des Karl-Barth-Jahres von der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Reformierten Bund in Deutschland veranstalteten Gesprächsrunde unter dem Titel „‚Genosse Pfarrer – Der politische Karl Barth“ grenzte sich Kirchenpräsident Schad deutlich von laizistischen Modellen ab, wonach Religion Privatsache sei und im öffentlichen Raum nichts zu suchen habe. Der Laizismus verstehe Religionsfreiheit einseitig als Freiheit von der Religion, nicht hingegen auch als Freiheit zur Religion, sagte Schad. „Wenn aber der Staat die freie Religionsausübung zurückdrängt, plädiert er faktisch für einen atheistischen Humanismus. Das jedoch stellt den Grundgedanken der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates auf den Kopf.“ Demgegenüber fördere das deutsche Grundgesetz, das allen weltanschaulich-religiösen Optionen Freiraum gewährt, die Integration und stärke eine „aktive und partizipatorische Zivilgesellschaft“.

Den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, wie er in Deutschland praktiziert werde, bezeichnete Schad nicht als „Privileg der Kirche“, sondern vielmehr als „Beispiel für die klare Trennung von Kirche und Staat“. Denn dieser habe angesichts der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Religionen die Pflicht, im Rahmen der Allgemeinbildung auch für religiöse Bildung zu sorgen. Da der Staat selbst auf religiöse Fragen keine Antworten geben könne, überlasse er die Inhalte den Religionsgemeinschaften. Dies führe somit zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, unterstrich Schad. „Wir leben in einem säkularen Staat, aber nicht in einer säkularen, sondern in einer religiös-weltanschaulich pluralen Gesellschaft.“ Für den Staat bedeute das, „dass er Religionen respektiert, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Dass er den Glauben achtet, ohne über ihn zu verfügen. Dass er den Glaubensgemeinschaften Raum gewährt, ohne sie in seine oder sich in ihre Abhängigkeit zu bringen“, sagte Schad, der auch Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen in Deutschland (UEK) ist.

Der Gesprächsrunde mit Vertretern aus Kirche und Politik waren Vorträge von Bundestagspräsident a.D. Wolfgang Thierse sowie der stellvertretenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, vorangegangen. Das Symposium eröffneten der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, Kurt Beck, sowie Pfarrer Martin Engels vom Reformierten Bund.

2019 erinnern die evangelischen Kirchen Deutschlands und der Schweiz sowie die Theologische Wissenschaft an den 1886 in Basel geborenen und 1968 verstorbenen Karl Barth, der zu den bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts zählt. Sein Hauptwerk ist die zwölfbändige „Kirchliche Dogmatik“, die zwischen 1932 und 1967 erschien und mehr als 9.000 Seiten umfasst. 1919 hatte Barth mit seiner Auslegung des Römerbriefes aus dem Neuen Testament sein erstes theologisches Werk veröffentlicht. Mit dem Buch begann eine neue Epoche der evangelischen Theologie. Karl Barth gehörte darüber hinaus zu den führenden Vertretern der „Bekennenden Kirche“. Als Professor lehrte er in Göttingen, Münster, Bonn und Basel.