Tag der Deutschen Einheit 

"Freiheit ruft nach Verantwortung"

Ökumenischer Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit im Mainzer Dom. Foto: © Staatskanzlei RLP / Jülich

Kirchenpräsident Christian Schad hielt im Gottesdienst die Predigt. Foto: lk

Vor dem Gottesdienst im Mainzer Dom. Foto: lk

Mainz/Speyer (lk). Zum Tag der Deutschen Einheit hat der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad an eine Kultur der gegenseitigen Achtung und der Toleranz appelliert. Vor den Menschen und vor Gott Verantwortung zu tragen, sei „Folge und Ausdruck der Freiheit“, sagte Schad in einem von der ARD übertragenen ökumenischen Gottesdienst am 3. Oktober im Mainzer Dom. Freiheit bedeute aber auch Verantwortung, „festgeschrieben in demokratischen Verfassungen, die die Würde des Menschen für unantastbar erklären und die Freiheit des Glaubens und des Gewissens garantieren“. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bezeichnete Einheit, Freiheit und Frieden als „kostbares Geschenk“, für das man Gott Dank sagen könne.

Die christlich-jüdische Tradition ermutige zur Freiheit. Sie sei „nicht wegzudenken aus unserem Land“, sagte Kirchenpräsident Schad in seiner Predigt. Konkrete Wegweisung der Freiheit seien die Zehn Gebote, sie begründeten auch den Einsatz für gesellschaftliche und politische Liberalität. „Dieses Bewusstsein hat sich uns tief eingeprägt“, führte Schad im Gottesdienst aus Anlass der zentralen bundesweiten Feier zum Tag der Deutschen Einheit aus. „Gottes Geist öffnet uns für die Sprache der Anderen, macht uns neugierig auf ihre Geschichte und sucht nach Wegen der Integration.“ Einheit bedeute nicht Uniformität und Verschiedenheit heiße nicht Verzicht auf Gemeinschaft, sondern könne diese bereichern.

Ein Gemeinwesen, in dem die Glaubens- und Gewissensfreiheit als Grund- und Menschenrecht gelte, sei indes nicht selbstverständlich. „Wie sehr wir immer wieder dafür einstehen müssen, wird gerade jetzt deutlich, wenn wir sehen, wie weltweit Herrscher ihre Völker niederhalten und ihnen Gewalt antun und religiöse Fanatiker die Intoleranz zum Programm erheben“, sagte Schad. Zwischen Menschen verschiedener Religionen dürfe aber kein Keil getrieben werden. Gerade die Kirchen träten nachdrücklich für Religionsfreiheit als universales Menschenrecht ein. „Wir finden uns darum nicht damit ab, dass es insbesondere Christen sind, die unter Einschränkungen dieses Menschenrechts zu leiden haben.“ Überall sei eine Kultur notwendig, die sicherstelle, „dass unterschiedliche Überzeugungen nicht in Gewalt gipfeln, vielmehr in einer Atmosphäre des Respekts ausgehalten werden.“

Bischof Peter Kohlgraf machte in seiner Begrüßung der„Repräsentanten der Demokratie und der Verfassung unseres Landes“ deutlich, „dass nicht alles allein in unseren menschlichen Händen liegt“. In Anspielung auf die biblische Geschichte vom Einzug der Israeliten ins gelobte Land erklärte Kohlgraf, dass bei allen aktuellen Herausforderungen und Problemen „wir vielleicht nicht in einem gelobten, aber – mit den Worten Mose gesprochen – in einem ‚prächtigen Land‘ leben“. In der Freiheit, die Gott geschenkt habe, gelte es auch jene Menschen nicht zu vergessen, die heute nach Gerechtigkeit hungerten und die unter Hass und Intoleranz litten.

In Statements zeigten vier Protagonisten die friedens- und freiheitsstiftende Kraft ehrenamtlich getragener Initiativen auf. Der Arzt Gerhard Trabert vom Verein „Armut und Gesundheit“, Gülbahar Erdem von der Initiative Muslimische Seelsorge, Nora Weisbrod von der Schülerhilfsorganisation „Aktion Tagwerk“, die sich für ein besseres Leben in Afrika engagiert sowie Till Baeckmann vom Projekt „Rent a Jew (Miete einen Juden), das Begegnungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen ermöglicht, stellten dar, wie man mit dem Motto des diesjährigen Einheitstages „Zusammen sind wir Deutschland“ leben kann.

In der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober hatte die Evangelische Kirche gemeinsam mit Amnesty International das Thema Freiheit in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit gestellt. Aktionen und Performances rund um die Mainzer Christuskirche zeigten auf, wo überall in der Welt Menschen bedroht sind und ihnen Freiheit vorenthalten wird. Damit nahm die Evangelische Kirche zugleich auch einen der zentralen Begriffe des 500 Jahre zurückliegenden Beginns der Reformation auf.